Münchberg. Bei dem Busunglück in Bayern sind 18 Menschen gestorben und 30 verletzt worden. Hätte moderne Technik die Tragödie verhindern können?

  • Am Montagmorgen sind 18 Menschen bei einem schweren Busunfall ums Leben gekommen
  • Seit 2015 sind Notbremssysteme vorgeschrieben
  • Experten fordern, dass diese Systeme sich nicht abschalten lassen dürfen

Nach dem verheerenden Unfall auf der Autobahn 9 in Nordbayern ist eine Diskussion über Sicherheitslücken in Reisebussen entbrannt. Erst seit November 2015 müssen Busse mit einem Notbremssystem ausgestattet sein. Dieses lasse sich aber leicht abschalten, kritisierte der Kraftfahrtexperte des Tüv Rheinland, Hans-Ulrich Sander, am Montagabend im ZDF.

„Die Abschaltbarkeit eines solches Notbremssystems halte ich für verkehrt. Die sollten nicht deaktivierbar sein“, sagte er und forderte, diese Gesetzeslücke müsse schnell geschlossen werden. Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Versicherer, sagte im ARD-Brennpunkt am Montagabend: „Das große Problem liegt in den Innenraum-Materialien der Busse: Sie sind deutlich leichter entflammbar als die, die die Deutsche Bahn verbauen muss.“

Autonome Reisebusse sind noch Zukunftsmusik

18 Menschen kamen am Montagmorgen beim Brand eines Reisebusses nahe Münchberg ums Leben. 30 weitere Reisende wurden verletzt – einige von ihnen schwer. Die Opfer waren auf dem Weg aus Sachsen in Richtung Gardasee. Der Bus war aus noch ungeklärter Ursache auf einen Lastwagen aufgefahren und in Brand geraten. Nur ein Stahlgerippe blieb übrig. In dem Fahrzeug saßen 46 Reisende sowie zwei Fahrer.

Viele Tote nach Busunglück in Bayern

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    Auch Professor Hermann Winner, Experte für Autonomes Fahren an der TU Darmstadt, erklärte auf dpa-Anfrage: Damit solche Unfälle nicht mehr passieren, seien nicht abschaltbare Notbremssysteme wichtig, die auf Stau-Enden reagierten. Bis Reisebusse ganz autonom fahren, werde es noch dauern. Die heutige Technik könne viele besondere Situationen noch nicht beherrschen.

    Automatische Löschtechnik hätte Katastrophe wohl nicht verhindert

    Bei Notbrems-Assistenten erkennen Kameras und Radarsensoren Hindernisse auf der Fahrbahn, machen mit Warnlicht und Warnton auf die Gefahr aufmerksam und bremsen automatisch, wenn der Fahrer nicht reagiert. Damit lässt sich ein Aufprall zumindest abmildern, bei den modernsten Notbrems-Assistenten im Idealfall auch ganz verhindern. Allerdings sparen sich manche Busunternehmen, was gesetzlich nicht zwingend vorgeschrieben ist.

    Viele Tote bei schwerem Busunglück auf der A9

    Auf der A9 bei Münchberg ist es am 3. Juli zu einem sehr schweren Verkehrsunfall gekommen. Ein Reisebus bei dem Unglück brannte aus.
    Auf der A9 bei Münchberg ist es am 3. Juli zu einem sehr schweren Verkehrsunfall gekommen. Ein Reisebus bei dem Unglück brannte aus. © dpa | Nicolas Armer
    Ein Reisebus war bei dem Unfall auf einen Lkw aufgefahren.
    Ein Reisebus war bei dem Unfall auf einen Lkw aufgefahren. © dpa | News5 / Fricke
    Danach hatte der Bus mit insgesamt 68 Insassen Feuer gefangen.
    Danach hatte der Bus mit insgesamt 68 Insassen Feuer gefangen. © dpa | Nicolas Armer
    Nur noch ein ausgebranntes Gerippe des verunglückten Reisebusses ist übrig geblieben.
    Nur noch ein ausgebranntes Gerippe des verunglückten Reisebusses ist übrig geblieben. © dpa | Matthias Balk
    „Der Bus stand lichterloh in Flammen“, sagte ein Feuerwehrmitarbeiter.
    „Der Bus stand lichterloh in Flammen“, sagte ein Feuerwehrmitarbeiter. © dpa | Nicolas Armer
    Der Unfallort liegt zwischen den Anschlussstellen Münchberg-Süd und Gefrees.
    Der Unfallort liegt zwischen den Anschlussstellen Münchberg-Süd und Gefrees. © dpa | Google
    Das Luftbild zeigt die Unfallstelle auf der Autobahn A9 bei Münchberg.
    Das Luftbild zeigt die Unfallstelle auf der Autobahn A9 bei Münchberg. © dpa | Bodo Schackow
    Und auch diese Aufnahme macht das Unglück sichtbar.
    Und auch diese Aufnahme macht das Unglück sichtbar. © dpa | Bodo Schackow
    Der komplett ausgebrannte Bus, daneben Feuerwehr- und Rettungswagen sowie Leichenwagen.
    Der komplett ausgebrannte Bus, daneben Feuerwehr- und Rettungswagen sowie Leichenwagen. © Getty Images | Getty Images
    Experten der Polizei unter einem Zelt neben Särgen und Rettungskräften.
    Experten der Polizei unter einem Zelt neben Särgen und Rettungskräften. © dpa | Nicolas Armer
    Bei dem schweren Busunfall sind nach Erkenntnissen der Polizei vermutlich 18 Menschen ums Leben gekommen. 30 der 48 Insassen seien verletzt worden, einige von ihnen schwer.
    Bei dem schweren Busunfall sind nach Erkenntnissen der Polizei vermutlich 18 Menschen ums Leben gekommen. 30 der 48 Insassen seien verletzt worden, einige von ihnen schwer. © dpa | Nicolas Armer
    Die A9 wurde in beiden Fahrtrichtungen gesperrt, so dass vier Rettungshubschrauber auf der Fahrbahn landen konnten.
    Die A9 wurde in beiden Fahrtrichtungen gesperrt, so dass vier Rettungshubschrauber auf der Fahrbahn landen konnten. © dpa | News5 / Fricke
    Auf der Fahrbahn stauten sich die Fahrzeuge.
    Auf der Fahrbahn stauten sich die Fahrzeuge. © dpa | Nicolas Armer
    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) reagierte mit Trauer im Landtag in Stuttgart (Baden-Württemberg) auf das schwere Busunglück.
    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) reagierte mit Trauer im Landtag in Stuttgart (Baden-Württemberg) auf das schwere Busunglück. © dpa | Christoph Schmidt
    Auch der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) äußerte sich vor Ort auf der A9 mit Bestürzung gegenüber der Presse.
    Auch der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) äußerte sich vor Ort auf der A9 mit Bestürzung gegenüber der Presse. © dpa | Nicolas Armer
    Die Bundesregierung hat ihr tiefes Mitgefühl für die Opfer des Busunfalls in Oberfranken geäußert.
    Die Bundesregierung hat ihr tiefes Mitgefühl für die Opfer des Busunfalls in Oberfranken geäußert. © dpa | News5 / Fricke
    Merkels Dank gehe „an alle Rettungskräfte, Ärzte, Sanitäter, Seelsorger, die im Einsatz waren und sind, um Verletzte zu bergen, um Menschen zu betreuen in einer entsetzlichen Situation.“
    Merkels Dank gehe „an alle Rettungskräfte, Ärzte, Sanitäter, Seelsorger, die im Einsatz waren und sind, um Verletzte zu bergen, um Menschen zu betreuen in einer entsetzlichen Situation.“ © dpa | News5 / Fricke
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    Eine automatische Löscheinrichtung hätte bei dem Busunfall in Oberfranken aus Expertensicht die Katastrophe kaum verhindern können. „Selbst eine moderne Löscheinrichtung im Bus löscht im Motorraum, im Zweifelsfall auch noch im Gepäckraum und auch noch in der Bustoilette, darf aber nicht im Innenraum löschen“, sagte Johannes Hübner, Sicherheitsexperte vom RDA Internationalen Bustouristik Verband in Köln, der dpa. Die chemischen Löschmittel könnten Passagiere sonst beeinträchtigen.

    Erfahrener Fahrer und einwandfreier Bus

    Laut dem Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer war der Unglücksbus drei Jahre alt und zuletzt im April vom Tüv ohne Beanstandung überprüft worden. Der Fahrer, der den Reisebus zum Unfallzeitpunkt lenkte und starb, war demnach seit mehr als zehn Jahren bei seiner aktuellen Firma beschäftigt und wurde vor vier Jahren für langjähriges unfallfreies und sicheres Fahren ausgezeichnet.

    Dobrindt und Hermann besuchten die A9-Unfallstelle

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      Das Unglück auf der A 9 ändert nach Angaben Tüv-Experte Sander nichts daran, dass Reisebusse in der Regel sehr sicher sind. „Der Reisebus ist eines der sichersten Transportsysteme, die wir haben. Brände sind höchst selten“, so Sander im ZDF. In einem solchen Fall könnten sich die Passagiere meist selbst retten. In dem Unglücksbus in Münchberg hätten allerdings Senioren gesessen, die in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt gewesen seien.

      Reisende sollten sich Bus und Fahrer genau anschauen

      Sander riet allen Passagieren, vor der Fahrt einen Blick auf den Bus und den Fahrer zu werfen. Bei offensichtlichen technischen Mängeln „oder wenn der Fahrer den Eindruck macht, nicht auf der Höhe zu sein“, sollten Reisende nicht einsteigen. (dpa)