Berlin. Das neue Samsung Galaxy S8 ist das erste Top-Gerät nach dem Akku-Debakel mit dem Note 7. Wird das S8 den Erwartungen gerecht? Ein Test.

„Wow, sieht das gut aus!“ Viele Jahre lang war das – anders bei Apples iPhone – sicher kein Satz, der Betrachtern von Samsung-Smartphones in den Sinn kam. Über das neue Galaxy S8 (799 Euro) und das S8+ (899 Euro) kann man ihn nun endlich sagen. Für Samsung ist diese Tatsache vielleicht noch wichtiger, als der Umstand, dass es mit dem S8 ein wirklich eindrucksvolles Stück Technik abliefert.

Denn nach dem Batterie-Debakel mit seinem Note 7 muss es nun dringend wieder punkten. Und dabei kann es eben nicht mehr allein auf die Meisterleistung seiner Ingenieure verweisen. Denn das Vertrauen der Verbraucher in Samsungs Technik ist noch immer von den Bildern brennender Akkus getrübt – und wird erst langsam wieder zurückzugewinnen sein. Samsung braucht also dringend ein Gerät, nach dem man greift, weil es sexy ist, nicht weil das Datenblatt Bestleistungen verspricht.

Bei der Vorstellung des S8 Ende März zeichnete sich bereits ab, dass den Koreanern das vielleicht tatsächlich gelungen sein könnte, letzte Zweifel daran legen sich, sobald man das Gerät aus der Schachtel nimmt: „Wow, sieht das gut aus!“. Wir haben getestet, ob Samsungs neues Top-Smartphone auch darüber hinaus begeistert.

Samsung entgrenzt das Smartphone-Display

Schon der erste haptische Eindruck vermittelt ein klares Gefühl von Wertigkeit: Vorder- und Hinterseite bestehen aus Glas, das von einem schmalen Aluminiumrahmen eingefasst ist. Das liegt angenehm in der Hand – keine Spur des Plastik-Charmes von früher.

Das 5,8-Zoll bzw. 6,2-Zoll-Display nimmt fast die gesamte Vorderseite ein.
Das 5,8-Zoll bzw. 6,2-Zoll-Display nimmt fast die gesamte Vorderseite ein. © BM | Jan Mölleken

Augenscheinlichste Neuerung ist der neue Bildschirm: Das 5,8-Zoll bzw. 6,2-Zoll-Display (S8 bzw. S8+) nimmt nahezu die gesamte Fläche der Vorderseite ein. Nur oben und unten ist noch ein schmaler Streifen des Gehäuses erkennbar, die Längsseiten des Displays sind – wie schon bei den „Edge“-Vorgängern – abgerundet. Samsung nennt das „Infinity Display“.

Tatsächlich haben sich auch schon andere an einem nahezu rahmenlosen Display versucht: Etwa der chinesische Hersteller Xiaomi mit dem nicht in Deutschland erhältlichen Mi Mix oder LG mit dem G6, das in wenigen Tagen auf den Markt kommt. Dort allerdings sind links und rechts noch schmale Gehäuseränder sichtbar, die abgerundeten Kanten des S8-Displays dagegen schmiegen sich um das Gerät und machen die Rahmenlos-Illusion perfekt.

Vier Gigabyte Arbeitsspeicher

Das Display kann sich sehen lassen: OLED-Technik sorgt für absolut knackige, leuchtende Farben und ein tiefes Schwarz.
Das Display kann sich sehen lassen: OLED-Technik sorgt für absolut knackige, leuchtende Farben und ein tiefes Schwarz. © dpa | Lee Jin-Man

Auch das Display selbst ist vermutlich das beste, das wir bislang in Händen hielten: Die neueste Generation von Samsungs OLED-Technik sorgt für absolut knackige, leuchtende Farben und ein tiefes Schwarz. Darüber hinaus ist die Anzeige „Mobile HDR Premium“ zertifiziert, was reiche Farben und hohe HDR-Kontraste garantiert. Und das ist kein leeres Marketingversprechen.

Im Test zeigte sich das etwa deutlich bei Fotos einer nächtlichen Straßenszene: Im direkten Vergleich mit Apples iPhone 7 oder Googles Pixel (die beiden über ausgezeichnete Displays verfügen) leuchteten einzelne Lichtquellen viel lebhafter und auch heller, während die dunklen Bildbereiche dennoch tiefschwarz blieben. Hier begeistert das S8 wirklich – ob allerdings die absurd hohe Auflösung von 2960 mal 1440 Pixeln tatsächlich Vorteile bringt, sei mal dahingestellt.

Auch wer auf die Leistungsdaten schielt, wird vom S8 nicht enttäuscht: Dem Achtkern-Prozessor stehen vier Gigabyte Arbeitsspeicher zur Seite – im Leistungsmessprogramm AnTuTu-Benchmark erzielte das S8 so Werte deutlich jenseits der 170.000-Punktemarke und muss sich damit nur dem iPhone 7 geschlagen geben. Ein schnelleres Android-Telefon ist derzeit nicht zu finden.

Tolle Kamera, konservativer Akku

Darüber hinaus ist das S8 mehr als üppig ausgestattet. Die 64 Gigabyte Speicherplatz können per Speicherkarte erweitert werden, zum Entsperren kann man sich zwischen Gesichtserkennung, Iris-Scan und Fingerabdrucksensor entscheiden. Letzterer ist aus Platzmangel auf der Rückseite untergebracht – direkt neben der Kameralinse. Das ist mindestens gewöhnungsbedürftig, wenn nicht sogar unglücklich. Denn statt auf den Sensor tatscht man so regelmäßig auf der Linse herum. Samsung ist sich des Problems offenbar bewusst, denn in regelmäßigen Abständen weist das Telefon darauf hin, dass Fingerabdrücke auf der Linse die Bildqualität beeinflussen können.

In Sachen Foto gibt sich Samsung keine Blöße: die Rückkamera macht – wie auch schon beim S7 – makellose Bilder mit 12 Megapixel (MP) Auflösung. Die Selfiekamera wurde gegenüber dem Vormodell S7 sogar etwas aufgebohrt und knipst nun Fotos mit 8 MP.

Der Fingerabdrucksensor könnte besser platziert sein.
Der Fingerabdrucksensor könnte besser platziert sein. © BM | Jan Mölleken

Die Akku-Kapazität fällt – wenig überraschend – eher konservativ aus. Das S8 bietet 3000 mAh, das größere S8+ 3500 mAh. Durchhalterekorde erzielt man damit nicht – bei normaler Nutzung reichte das im Test aber auch für zwei Tage. Auch sonst verhielt sich der Energiespeicher völlig unauffällig – man kann davon ausgehen, dass sich Samsung hier kein zweites Mal einen Fehler erlaubt.

Der als große Neuerung angekündigte smarte Assistent „Bixby“ ist in Deutschland weitestgehend noch nicht nutzbar und soll irgendwann nachgeliefert werden – wirklich vermisst haben wir das aber nicht.

Fazit

Samsung hat mit dem S8 fast alles richtig gemacht – der unglücklich platzierte Fingerabdrucksensor ist angesichts des stimmigen Gesamtpakets gut verschmerzbar. Das S8 ist aber nicht nur eine Wiedergutmachung für die Kunden – es ist außerdem eine Kampfansage an die Konkurrenz – auch in Richtung Apple. Jetzt können die Koreaner auch cool – und erhöhen den Druck auf das für Herbst erwartete nächste iPhone deutlich.

Wer sich spontan in das neue Gerät verliebt, kann damit nichts falsch machen. Größter Konkurrent ist am ehesten Samsung selbst: Denn wer auf das Infinity-Display verzichten kann, bekommt mit dem Vorgängermodell S7 Edge ein technisch fast ebenbürtiges Gerät für deutlich weniger Geld.