Washington. Donald Trump ist zurück in die USA gereist. Dort stehen dem US-Präsidenten nach seiner Auslands-Tournee harte, chaotische Wochen bevor.

Donald Trump war nach neun Tagen in der Fremde im Anflug auf Washington, da schickte das Bodenpersonal bereits die erste Breitseite. Alles, mit Ausnahme außenpolitischer Gehversuche, sei bisher ein „totales Desaster“ gewesen, urteilte John Boehner über Trumps Startphase im Weißen Haus. „Er lernt noch immer, Präsident zu sein“, fügte der von den Republikanern vor zwei Jahren zermürbte frühere Sprecher des Repräsentantenhauses sarkastisch hinzu.

Nach dem Nationalfeiertag, dem „Memorial Day“ am Montag, drohen dem Seiteneinsteiger aus der Immobilienbranche – Stichwort: Russland-Affäre – die ersten harten Prüfungen. So hart, dass seine Rückkehr mit der von Richard Nixon 1974 verglichen wird. Der damalige Präsident hatte im Watergate-Strudel Zuflucht im Ausland gesucht und sich wie Trump in Israel und Saudi-Arabien als Friedensvermittler angedient. Zwei Monate später war er „Toast“, wie die Amerikaner sagen. Rücktritt.

Innenpolitisch stehen die Vorzeichen nicht günstig

Dass Trump, der am Sonntagabend seinen Ausflug nach Europa auf Twitter als „großen Erfolg für Amerika“ bezeichnete, so bald ein ähnliches Schicksal droht, glaubt in Washington so gut wie niemand.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Die Opportunitäts-Kalkulationen der Republikaner, die im Kongress die Mehrheit haben, sind nicht so, als dass ein Amtsenthebungsverfahren heute realistisch erschiene. Aber die nächsten Wochen können prägend sein für die Frage, ob sich Trump aus der immer prekärer werdenden Russland-Affäre befreien kann. Oder ob er und sein ehrgeiziges „America First“-Regierungsprogramm im Mahlstrom des Skandals zerrieben werden.

Die Vorzeichen stehen nicht günstig. Während Trump zwischen saudischen Scheichs und Brüsseler Bürokraten unterwegs war, verging kein Tag, an dem US-Leitmedien nicht neue Facetten aus dem Russland-Komplex veröffentlicht hätten.

Zudem herrscht auf anderen Großbaustellen entweder Stillstand oder Verwirrung. So ist der Muslim-Einreisestopp erneut vor Gericht gescheitert. Und Trumps Entwurf für den nächsten Staatshaushalt strotzt vor sozialer Unwucht und wird selbst von den Republikanern als Makulatur bezeichnet. Überlagert wird die komplette Agenda aber von der Frage, was Trump während der Wahl 2016 mit Putin zu schaffen gehabt haben könnte.

Kushner wird zur Schlüsselfigur

Wie nahe die Einschläge hier inzwischen an Trump heranreichen, zeigt der Fall Kushner. Der Präsidenten-Schwiegersohn ist ins Visier des FBI geraten. Nicht als Verdächtiger, sondern als Viel-Wisser. Seine vielfältigen Kontakte zu Russlands Botschafter Sergej Kisljak machen den 36-Jährigen zur Schlüsselfigur. Zumal nun herausgekommen ist, dass Kushner für seinen Schwieger-Papa angeblich eine geheime Kommunikationsschiene mit Wladimir Putin einrichten wollte. Zu einem Zeitpunkt, Anfang Dezember 2016, als Amerika noch von Obama regiert wurde und es den Russen wegen Einmischung in die Präsidentschaftswahl mit Sanktionen heimzahlen wollte.

Kushner hat sich zu den Anwürfen bisher nicht geäußert, die an seinem Image als smarter Überflieger kratzen. Aber der Druck wächst. Der Geheimdienstausschuss des Senats hat gerade sämtliche Dokumente, E-Mails und Telefon-Protokolle der Trump-Kampagne mit Russland-Bezug angefordert, zurückgehend bis 2015.

Weil auch das parallel ermittelnde FBI und der Sonder-Ermittler Robert Mueller verschärftes Interesse an dem Material haben, darf sich das Trump-Lager keine Fehler erlauben. Die Herausgabe zu hintertreiben, könnte strafrechtliche Konsequenzen haben. Vom schalen Eindruck in der Öffentlichkeit ganz zu schweigen.

Die riskante Behinderung der Justiz

Dort ist noch längst nicht verdaut, dass Trump persönlich die Spitzen der eigenen Geheimdienste, unter anderem den gefeuerten FBI-Chef James Comey, gedrängt haben soll, die Russland-Ermittlungen zu den Akten zu legen. Der Präsident, der die ganze Sache wahlweise für eine Intrige oder Medien-Erfindung hält, bestreitet das. Wissend, dass Behinderung der Justiz kein Kavaliersdelikt ist. Comey könnte in dieser Woche im Kongress dazu öffentlich aussagen und Trump schwer belasten. Er wäre nicht allein.

Wie der ehemalige NSA-Analyst John Schindler schreibt, hat General Mike Rogers, Chef der gigantischen Abhör-Behörde in Fort Meade nahe Washington, in einem Video an seine Mitarbeiter klipp und klar erklärt, dass die NSA „Beweise“ hat für das, was Trump bis heute leugnet: dass die Russen versucht haben, die US-Wahl zu stören. Und dass es dabei „fragwürdige Kontakte“ von Trump-Leuten mit russischen Stellen gab.