Washington/Jerusalem. Die Nahost-Reise bringt dem US-Präsidenten Donald Trump keine Entlastung. In der Russland-Affäre gerät er unter politischen Beschuss.

Die Illusion vom großen Frieden dauert gerade einmal ein paar Minuten. Am Dienstagmorgen fährt die schwarze Limousine vor dem Präsidentenpalast in Bethlehem vor, einem hellen Sandsteingebäude. US-Präsident Donald Trump, dunkelblauer Anzug und gestreifte Krawatte, steigt aus. Mahmud Abbas steht schon da und reicht ihm die Hand. Der Chef der Palästinensischen Autonomiebehörde lächelt freundlich. Dazu passt ein Poster am Eingang von Bethlehem: „Die Stadt des Friedens heißt den Mann des Friedens willkommen.“

Doch Bethlehem ist kein Ort, der für große Visionen taugt. Die Stadt im Westjordanland steht für die Härte des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern. Für die Juden hat sie besondere Bedeutung, weil sie der Überlieferung nach der Geburtsort Jesu ist. Die Palästinenser sehen in ihr einen zentralen Bestandteil der Autonomiegebiete. Donald Trump versucht einen Moment lang, die tiefe Kluft zu überbrücken – verbal zumindest. „Ich werde alles tun, um einen Friedensvertrag zu erreichen“, sagt er.

Abbas fordert unabhängigen Staat Palästina

Abbas kontert sofort. Die Miene des 82-Jährigen ist plötzlich nicht mehr freundlich. Er forderte einen unabhängigen Staat Palästina neben Israel – in den Grenzen vor 1967 und mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt. „Unsere grundsätzlichen Probleme sind die Besatzung und die Siedlungen sowie die Weigerung Israels, den Staat Palästina anzuerkennen, so wie wir Israel anerkennen“, betont Abbas. Israel hatte während des Sechs-Tage-Krieges 1967 unter anderem das Westjordanland, den Gazastreifen und den Ostteil von Jerusalem erobert. Ost-Jerusalem hat die Regierung später annektiert.

International wird Jerusalem allerdings nicht als Israels Hauptstadt anerkannt. Auch in seiner abschließenden Rede im Jerusalemer Israel-Museum am Nachmittag gibt Trump den Friedensapostel. „Wir wissen, dass Frieden möglich ist, trotz des Schmerzes und der Uneinigkeit in der Vergangenheit.“ Doch es bleibt bei allgemeinen Formeln. Konkret wird der US-Präsident natürlich auch nicht während seines Besuchs in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, wo er einen Kranz niederlegt.

Zu Hause gerät Trump immer mehr unter Druck

Während Trump im Nahen Osten zum großen Wurf des Friedensstifters ansetzt, gerät er zu Hause immer mehr unter politischen Beschuss. Neue Wendungen in der Russland-Affäre erschüttern seine Glaubwürdigkeit. In der Affäre um mutmaßliche Absprachen zwischen Trumps Team und dem Kreml vor und nach der Wahl im November sah sich bislang nur der von Trump geschasste FBI-Chef James Comey dem präsidialen Wunsch ausgesetzt, die Ermittlungen einzustellen. Comey, der nächste Woche in einem Senatsausschuss öffentlich dazu aussagen will, sollte Trumps früheren Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn in Ruhe lassen.

So hat es der Ex-Chef der Bundespolizei nach einem Abendessen mit Trump in einer Notiz vermerkt. Trump bestreitet das. Comey lehnte ab, zumal die Indizienkette gegen Flynn immer länger wurde. Dass Comey nicht der einzige Adressat von Trumps Begehrlichkeiten gewesen sei, berichtet die „Washington Post“. Demnach soll der Präsident in Missachtung seiner Befugnisse zwei Top-Vertreter des Sicherheitsapparats aufgefordert haben, die Einstellung der Ermittlungen in der Russland-Affäre zu befürworten.

Anhörung im Kongress

Konkret: Michael Rogers, Chef des Geheimdiensts NSA, und Dan Coats, Ex-Botschafter in Deutschland und heute oberster Koordinator aller US-Geheimdienste, sollten öffentlich erklären, dass Trump und sein Team in der Causa Russland eine weiße Weste hätten. Coats wie Rogers, so erfuhr die Zeitung aus Regierungskreisen, lehnten das Ansinnen ab. Die demokratische Opposition sieht darin einen weiteren Beleg dafür, dass Trump die Justiz behindern wollte. Dies wiederum könnte der Anlass für die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens sein. Auch Ex-CIA-Chef John Brennan belastete Trump bei einer Anhörung im Kongress.

Er sagte, ihm seien Geheimdiensterkenntnisse untergekommen, „die Kontakte und Interaktionen enthüllten zwischen russischen Regierungsvertretern und US-Personen, die in die Trump-Kampagne involviert waren“. Wie ernst der engere Kreis um Trump die Sache nimmt, zeigt die Tatsache, dass die Regierung außerhalb des Weißen Hauses bereits ein Team von Top-Juristen zusammenstellen lässt, „das den Präsidenten in der erwarteten Schlacht verteidigen soll“, so ein Analyst im TV-Sender MSNBC.

Einschnitte für Arme

Noch mehr Ungemach droht Trump durch den am Dienstag vorgestellten Entwurf für den kommenden Staatshaushalt. Dort sind massive Kürzungen im Sozialbereich vorgesehen. Stichworte: Behindertenhilfen, Ausgabe von Essensmarken. Betroffen wären vor allem Wähler („der vergessene weiße Mann“), denen sich Trump im Wahlkampf als Schutzmacht angedient hatte.

Den größten Sparbeitrag zur Gesundung des Haushalts sollen demnach knapp 70 Millionen Amerikaner leisten, die erwerbsunfähig sind oder unter die Armutsgrenze fallen. Im republikanischen Lager stellen sich Kongressabgeordnete bereits auf Denkzettel bei den Zwischenwahlen 2018 ein. Schon die geplanten Veränderungen bei „Obamacare“ lösten zuletzt in den beliebten Bürgersprechstunden (Town hall meetings) wahre Wutstürme aus.