Paris. Der neue Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier reist als Erstes nach Frankreich – es ist der Abschied von einem alten Freund.

Es ist der erste Antrittsbesuch des neuen Bundespräsidenten im Ausland, aber es ist zugleich der Abschied von einem alten Freund. Herzlich ist die Begrüßung, als Frankreichs Präsident François Hollande seinen Kollegen Frank-Walter Steinmeier am Donnerstagmittag im Élysée-Palast empfängt.

Etwas zögerlich ist Steinmeier eben die militärische Ehrenformation abgeschritten, jetzt eilt Hollande, gegen das Protokoll, die Treppe herunter – Arm in Arm gehen die beiden Präsidenten in den Palast. „Ein Besuch in bewegten Zeiten“, sagt Steinmeier später beim Mittagessen, das europäische Projekt stehe am Scheideweg. Aber Frankreich, das ist Steinmeiers Botschaft, kann sich auf Deutschland verlassen. Und auch Hollande erklärt, er sei mit seinem Freund einig, dass beide Länder gemeinsam vorangehen müssten.

Deutscher knüpft an seine Zeit als Außenminister an

Doch es ist auch eine seltsame Szene: Hier der Bundespräsident, der gut gelaunt, fast fröhlich die ersten Schritte im neuen Amt unternimmt – und da der scheidende französische Präsident, der sich in seinen fünf Amtsjahren so unbeliebt bei den Bürgern gemacht hat, dass er auf eine erneute Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen in drei Wochen lieber verzichtete.

Steinmeier wollte dennoch die Tradition fortsetzen, dass ein deutsches Staatsoberhaupt zuerst nach Paris reist – auch wenn die Visite mit Rücksicht auf den Wahlkampf knapp ausfällt. Dem Bundespräsidenten ist das Treffen einen Tag nach der Brexit-Erklärung ein Herzensanliegen, er will ein Signal setzen, wie wichtig jetzt die deutsch-französische Zusammenarbeit sei.

Seit 2013 war er als Außenminister 34-mal in Paris, die „tiefe Verbundenheit“ ist nicht nur Rhetorik. Am 13. November 2015 saß Steinmeier beim Länderspiel zwischen Frankreich und Deutschland neben Hollande auf der Tribüne, als vor den Toren des Stadions in Paris eine Serie von Terroranschlägen begann. Beim Mittagessen im Élysée-Palast erinnern beide daran, wie tief sich diese Begegnung bei ihnen eingebrannt hat: „Vielleicht“, sagt Steinmeier, „war es ja gut, dass Deutschland an diesem schicksalhaften Tag so eng an der Seite Frankreichs stehen durfte.“

Mühelos knüpft er an seine Zeit als Außenminister an

Schon bei der ersten Auslandsreise wird klar, wie mühelos der Bundespräsident an seine Zeit als Außenminister anknüpft. Andererseits macht er in Paris auch deutlich, dass er sich des Rollenwechsels und seiner Tücken bewusst ist. Die Aufgabe des Präsidenten ist eine andere als die des Außenministers, der Ton auch. Steinmeier weiß, dass er sich aus der operativen Politik heraushalten muss und seine außenpolitischen Äußerungen aufmerksam verfolgt werden.

Entsprechend behutsam ist er bei der Premiere in Paris. Nur kurz streift Steinmeier die Präsidentschaftswahlen in Frankreich, den möglichen Wahlerfolg der Rechtspopulisten: Der Beitrag Frankreichs zur Demokratie sei 2017 so wichtig wie lange nicht, sagt er. Auch deshalb schauten Frankreichs Nachbarn und Partner mit Spannung und europäischen Hoffnungen auf die Wahlen.

Ein gelungener Auftakt

Es ist ein gelungener Auftakt, nicht nur wegen des Signals. „Nichts ist wie immer, fast alles ist anders“, bilanziert Steinmeier später im Garten der deutschen Botschaft. Sieben Wochen habe er sich auf den Rollenwechsel vorbereitet und die Zeit „gut genutzt“. Schon am Dienstag reist Steinmeier nach Straßburg, hält dort eine Rede vor dem EU-Parlament. Europa soll ein Schwerpunkt seiner Amtszeit werden. Kommenden Freitag fliegt er zum Antrittsbesuch nach Griechenland, am 19. Mai nach Polen. Schwierigen Gesprächspartnern will er nicht ausweichen.

Doch parallel plant Steinmeier ei-ne „Deutschlandreise der besonderen Art“, nach Ostern geht es los. „Ich will an die Orte der deutschen Demokratie gehen“, sagt der Präsident, „und vor allem zu den Menschen, die sie leben und beleben.“ Die Reisen sollen deutlich machen, dass Steinmeier seinen Schwerpunkt im Inland sieht. Das Amt sei für ihn „eine Heimkehr nach Deutschland nach acht Jahren in der Außenpolitik“.