Düsseldorf. Ein „Sonderermittler“ aus NRW hat die Rolle der Behörden im Fall des Berliner Anschlags untersucht. Sein Urteil fällt eindeutig aus.

Der Regierungsgutachter im Fall des Berliner Attentäters Anis Amri hat die nordrhein-westfälischen Behörden von Versäumnissen freigesprochen. Der Gießener Strafrechtler Bernhard Kretschmer, der von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) Ende Januar als „Sonderermittler“ mit der Durchleuchtung der Handlungsabläufe beauftragt worden war, kommt in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass „keine durchgreifenden Anhaltspunkte für ein relevantes Fehlverhalten oder für relevante Versäumnisse von Stellen und Behörden des Landes Nordrhein-Westfalen gefunden“ werden konnten.

Kretschmer führt in einer 105-seitigen Analyse aus, dass es keine Möglichkeit gegeben haben soll, den Tunesier Amri strafrechtlich oder aufenthaltsrechtlich aus dem Verkehr zu ziehen. Der Jurist hatte Zugriff auf zahlreiche Unterlagen zum Fall Amri, jedoch keine Akteneinsicht beim Generalbundesanwalt.

„Nichts Stichhaltiges“ trotz Überwachung

Trotz diverser Delikte des 24-Jährigen im Vorfeld des Weihnachtsmarkt-Attentats sei laut Kretschmer strafrechtlich am Ende „nichts übrig geblieben, um jemanden ins Gefängnis zu bringen“.

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    Auch der Terrorverdacht gegen Amri habe sich nicht erhärten lassen. Trotz fast einjähriger operativer Überwachung durch die Sicherheitsbehörden habe man „nie etwas Stichhaltiges gefunden“. Dass das Landeskriminalamt NRW bereits im März 2016 in alarmierendem Tonfall gegenüber dem eigenen Innenministerium eine Abschiebeanordnung anregte und dies mit „belastbaren Erkenntnissen“ einer Anschlagsgefahr durch Amri begründete, stufte Kretschmer lediglich als „Tischvorlage“ für die Sicherheitskonferenz (SIKO) NRW ein.

    CDU kritisiert Gutachter

    Für eine Abschiebeanordnung hätten gerichtsverwertbare Beweise aus einer verdeckten Überwachung Amris herangezogen werden müssen, die jedoch damals der Generalbundesanwalt nicht freigegeben habe. Abschiebehaft sei ohnehin nicht zu verhängen gewesen, weil als Voraussetzung die Aussicht auf Passersatzpapiere aus Tunesien binnen drei Monaten gefehlt habe.

    Die CDU warf Kretschmer fehlende Objektivität vor. Die Staatskanzlei hatte verschwiegen, dass der Jurist einen Ruf auf eine Professur in Bielefeld erhalten hat und demnach vor einem Wechsel in den Landesdienst steht. Wie die Uni Bielefeld – nach zunächst falschen Angaben – am Montag korrigierte, erhielt Kretschmer den Ruf bereits am 14. Dezember 2016. Parallel zu seiner Gutachter-Tätigkeit für die Landesregierung lief demnach das weitere Berufungsverfahren. Über die Höhe der Honorierung für das Amri-Gutachten wollte Kretschmer auch auf Nachfrage keine Auskunft geben.

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