Berlin. Berufungsrichter haben Donald Trumps Einreiseverbot gestoppt und als Alarmismus entlarvt. Der US-Präsident wird daraus kaum lernen.

Donald Trump reagierte wie immer, wenn es nicht so läuft, wie er sich das in den Kopf gesetzt hat: mit Trotz und Hybris. „Wir sehen uns vor Gericht, die Sicherheit unserer Nation steht auf dem Spiel“, sagte der amerikanische Präsident, „und wir werden gewinnen.“

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Wenige Minuten zuvor hatte ihm die Justiz zum zweiten Mal hintereinander wegen seines weltweit umstrittenen Einreiseverbots für Menschen aus bestimmten muslimisch geprägten Ländern eine schwere Niederlage beigebracht.

Trump lernt nicht aus Niederlagen

Die aus dem Bauch gesteuerte Reaktion – zu lesen als Ankündigung, den Fall letztinstanzlich vor den Obersten Gerichtshof zu bringen – ist symptomatisch für das Politikversagen, das der Geschäftsmann seit seinem Amtsantritt vor drei Wochen demonstriert. Trump wird aus Schaden nicht klüger. Sondern noch engstirniger.

Dabei wäre jetzt der Moment zum Nachdenken und Kurswechseln. Was der vom republikanischen Präsidenten George W. Bush ernannte Bundesrichter Richter James Robart in Seattle vorbereitet hatte und die drei Berufungsrichter in San Francisco einstimmig bestätigten, ist mehr als eine Petitesse traditionell liberaler Westküsten-Richter.

Botschaft: Die Gewaltenteilung funktioniert

Mit dem Urteil, dessen Gültigkeit vorübergehend ist, hat die Judikative dem Regierungsneuling eine erste Erziehungsmaßnahme verabreicht. Die Botschaft lässt aufatmen: Die Macht des Populisten im Oval Office, der Amerikas Demokratie zuletzt verwundbar wie lange nicht erscheinen ließ, ist nicht grenzenlos. Die Gewaltenteilung funktioniert.

Es gibt schlechtere Nachrichten.

Die hochrangigen Rechtspfleger haben abseits der Vermessung von präsidialen Befugnissen aber noch mehr getan. Sie haben im Kern festgestellt, dass Trump für sein Einreiseverbot sieben Länder ausgewählt hat, ohne auch nur im Ansatz überzeugend zu begründen, warum ausgerechnet von ihnen enorme Sicherheitsrisiken für Leib und Leben von Amerikanern ausgehen sollen. In der Schule hieße das: Sechs! Setzen!

Trump hätte sich diese Niederlage ersparen können

Der von Trump in den vergangenen Tagen mit düsteren Tönen beschworene Notstand – Tenor: Ohne sofortigen Einreise-Bann droht uns das Schlimmste! – wurde als das entlarvt, was er für erfahrene Sicherheitspolitiker von Anfang an war: unverantwortlicher Alarmismus.

Trump hätte sich all das leicht sparen können. Der Einreise-Bann war mit der heißen Nadel gestrickt und in der Sache überflüssig. Anstatt die Sicherheitsüberprüfungen für Flüchtlinge (ohnehin schon streng) und „normale“ Reisende mit Visa aus Terror-affinen Ländern von Fachleuten seriös checken und wenn nötig abermals verschärfen zu lassen, wählte er die Pose des starken Mannes, der Wahlkampfversprechen im Schnelldurchgang durchsetzt. Das ging mächtig schief.

Einreisestopp war Mitgliederwerbung für IS

Das organisatorische Chaos und die individuellen Ungerechtigkeiten, die mit dem Einreisestopp einhergingen, haben nicht nur weltweit Muslime vergrätzt, die sich unter Pauschalverdacht gestellt sehen. Es hat Amerika auch keinen Deut sicherer gemacht. Eher das Gegenteil.

Für das Terror-Netzwerk „Islamischer Staat“ war die unlogische Maßnahme (warum waren erwiesene Terror-Nester wie Saudi-Arabien und Pakistan ausgenommen?) eine kostenlose Mitgliederwerbung. Was als Schlüssel-Projekt für entschlossene Terror-Prävention annonciert war, endete als ein von Amateuren angerichteter Scherbenhaufen. Schlecht gedacht, schlecht gemacht.

Bis zur endgültigen Entscheidung könnten noch Monate vergehen

Ein lernfähiger Präsident würde jetzt einlenken, seinen Stolz an die Seite stellen, das auf Symbol-Politik angelegte Dekret formal zurückziehen und in der Sache mit Sinn und Sachverstand nacharbeiten lassen. Trump aber ist anders.

Er wird voraussichtlich die Richter, die gegen ihn und für die Verfassung entschieden haben, erneut als politische Steigbügelhalter des Terrors verunglimpfen und in Basta-Manier den Energie und Aufmerksamkeit verschleißenden Weg über den Supreme Court einschlagen. Massenhaft unvorteilhafte Schlagzeilen inklusive. Bis dort eine endgültige Entscheidung ergeht, können aufgrund der prozessualen Vorgaben Wochen und Monate vergehen. Wertvolle Zeit, die Donald Trump am Ende für wirkliche Reformen fehlen wird.