Istanbul. Hunderte Menschen feierten, dann schoss mindestens ein Täter im Istanbuler Club Reina wahllos um sich. Mindestens 39 Menschen starben.

  • Auf den Club Reina in Istanbul hat es in der Silvesternacht einen Anschlag gegeben
  • Mindestens 39 Menschen kamen ums Leben, viele wurden verletzt
  • Die Polizei fahndet nach mindestens einem Täter

Bei einem Terrorangriff auf eine Silvesterparty in einem Club in der türkischen Millionenmetropole Istanbul sind mindestens 39 Menschen getötet worden, darunter zahlreiche Ausländer. Nach Regierungsangaben wurden 65 Menschen verletzt. Mindestens ein bewaffneter Angreifer drang kurz nach Anbruch des neuen Jahres in den bekannten Club Reina am Bosporusufer ein, schoss um sich und richtete ein Blutbad unter den Feiernden an. Der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim dementierte Berichte, wonach der Angreifer ein Weihnachtsmannkostüm getragen haben soll.

Zunächst bekannte sich niemand zu der Bluttat, die international scharf verurteilt wurde. Die Behörden arbeiteten mit Hochdruck daran, die Identität des Täters festzustellen, nachdem noch gefahndet werde. Yildirim sagte, es könne sein, dass der Angreifer seine Waffe im Club gelassen und sich im Tumult unter die Flüchtenden gemischt habe. Alle Möglichkeiten würden in Betracht gezogen. Schon 2016 hatte das Land eine ganze Reihe verheerender Anschläge verkraften müssen.

Auch Ausländer unter den Opfern

Gesundheitsminister Recep Akdag sagte am Morgen, 65 Verletzte würden in Krankenhäusern behandelt. Auch darunter seien zahlreiche Ausländer. Nach ersten Informationen des französischen Außenministers Jean-Marc Ayrault wurden auch drei Franzosen verletzt.

Innenminister Süleyman Soylu sagte, 20 Todesopfer seien identifiziert worden. Bei ihnen handele es sich um 15 Ausländer und 5 Türken. Zwei Tunesier seien unter den Toten, gab das Außenministerium in Tunis bekannt. Nach Medienberichten sind weitere Opfer aus Saudi-Arabien, Marokko, Libanon, Libyen und Israel.

Erdogan kündigt entschlossenen Kampf an

Über mögliche deutsche Opfer war zunächst nichts bekannt. Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, man stehe mit den zuständigen Behörden in Kontakt. Das israelische Außenministerium teilte mit, unter den Verletzten sei auch eine israelische Frau. Eine weitere Israelin werde vermisst.

Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan kündigte an, weiter entschlossen gegen den Terrorismus zu kämpfen. Die Türkei werde alles tun, um „die Sicherheit und den Frieden ihrer Bürger zu gewährleisten“. Ziel der Angreifer sei, „Chaos“ zu stiften.

Fahndung nach mindestens einem Attentäter

Auch Stunden nach dem Angriff war der Verbleib des Angreifers oder der Angreifer unklar. Die Suche dauere an, sagte Soylu am Morgen. Ermittlungen der Sicherheitskräfte deuteten darauf hin, dass es sich nur um einen Schützen gehandelt habe.

Die Nachrichtenagentur DHA hatte dagegen gemeldet, zwei als Weihnachtsmänner verkleidete Terroristen seien in den Club eingedrungen und hätten das Feuer mit automatischen Waffen eröffnet. Auch eine Augenzeugin sprach von zwei Angreifern.

Über 700 Menschen feierten im Club

Gouverneur Sahin sprach von einem Angreifer, der sich um 01.15 Uhr Zugang zum Club verschafft habe, indem er am Eingang einen Polizisten und einen Zivilisten erschossen habe. Die Nachrichtenagentur DHA berichtete, zum Zeitpunkt des Angriffs seien 700 bis 800 Menschen in dem Club gewesen. Einige seien in den Bosporus gesprungen, um dem Angriff zu entkommen, berichteten Augenzeugen. Sie seien von Polizisten gerettet worden.

Tote bei Angriff auf Club in Istanbul

Viele hundert Menschen feierten in einem Istanbuler Club, als ein oder zwei Männer, die als Weihnachtsmänner verkleidet gewesen sein sollen, das Feuer eröffneten.
Viele hundert Menschen feierten in einem Istanbuler Club, als ein oder zwei Männer, die als Weihnachtsmänner verkleidet gewesen sein sollen, das Feuer eröffneten. © imago/Depo Photos | imago stock&people
Mindestens 39 Menschen wurden getötet, mindestens 69 Menschen wurden verletzt.
Mindestens 39 Menschen wurden getötet, mindestens 69 Menschen wurden verletzt. © imago/Depo Photos | imago stock&people
Etwa 17.000 Polizisten sollten die Silvesterfeiern in Istanbul sichern.
Etwa 17.000 Polizisten sollten die Silvesterfeiern in Istanbul sichern. © imago/Depo Photos | imago stock&people
Istanbuls Gouverneur spricht von einem Terrorangriff.
Istanbuls Gouverneur spricht von einem Terrorangriff. © dpa | Uncredited
Im Club Reina feierten zum Zeitpunkt des Angriffs 600 bis 700 Menschen.
Im Club Reina feierten zum Zeitpunkt des Angriffs 600 bis 700 Menschen. © Getty Images | Burak Kara
Der Club liegt unmittelbar am Bosporus. Einige Clubbesucher retteten sich mit einem Sprung ins Wasser.
Der Club liegt unmittelbar am Bosporus. Einige Clubbesucher retteten sich mit einem Sprung ins Wasser. © REUTERS | STRINGER
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Erst drei Wochen zuvor waren bei einem Doppelanschlag in Istanbul 45 Menschen getötet worden, die meisten davon Polizisten. Dazu hatte sich die TAK bekannt, eine Splittergruppe der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Die TAK und die PKK greifen vorrangig Sicherheitskräfte an. Ebenfalls im Dezember war in Ankara der russische Botschafter Opfer eines Anschlags geworden. Der Attentäter war ein türkischer Polizist. Die Regierung verdächtigt die Gülen-Bewegung, hinter der Tat zu stecken.

17.000 Polizisten waren im Einsatz

Der Zeitung „Hürriyet“ zufolge waren am Silvestertag acht Kämpfer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Ankara festgenommen worden, die einen Anschlag in der Nacht geplant haben sollen. Türkische Truppen sind derzeit in Nordsyrien in heftige Gefechte mit dem IS verwickelt. Nach dem türkischen Einmarsch im August hatte IS-Anführer Abu Bakr al-Bagdadi im November zu Anschlägen in der Türkei aufgerufen.

Zum Schutz vor Anschlägen waren in der Silvesternacht türkischen Medienberichten zufolge 17.000 Polizisten in Istanbul im Einsatz. An der zentralen Ausgehmeile Istiklal Caddesi kontrollierten Sicherheitskräfte die Zugänge und durchsuchten Taschen.

Merkel kondoliert Erdogan

Die deutsche Botschaft hatte in einer Mitteilung an Deutsche angesichts der Terrorgefahr mitgeteilt: „Die Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen und Festlichkeiten an Silvester und Neujahr sollte verantwortungsvoll geprüft werden.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nach der Terrorattacke auf eine Istanbuler Disco ihr Beileid ausgesprochen. Wie ein Sprecher am Neujahrstag mitteilte, erklärte sie: „Wieder haben Terroristen in Ihrem Land zugeschlagen. In Istanbul haben sie einen menschenverachtenden, hinterhältigen Anschlag auf Menschen verübt, die gemeinsam den Jahreswechsel feiern wollten.“

Papst gedenkt der Opfer

Papst Franziskus hat nach seiner Neujahrsmesse der Opfer des neuen Anschlags in Istanbul gedacht. „Leider hat die Gewalt auch wieder in dieser Nacht der Wünsche und der Hoffnung zugeschlagen“, sagte der Pontifex beim traditionellen Angelusgebet am Sonntag auf dem Petersplatz vor rund 50 000 Gläubigen. Er sei im Gebet nahe bei den Familien der Angehörigen, bei den Verletzten und bei dem gesamten türkischen Volk. (dpa)