Berlin. „Tatort“-Kommissarin Maria Furtwängler spielt ihre erste Theaterhauptrolle. Ein Gespräch über Risiko, Gott und Momente des Innehaltens.

„Tatort“-Kommissarin zu sein, ist ein Traumjob für Schauspielerinnen. Für Maria Furtwängler, Ehefrau des Verlegers Hubert Burda und Mutter zweier erwachsener Kinder, ist er nicht genug. Sie nimmt noch die Herausforderung Theater an. Am heutigen Samstag ist sie erstmals in einer Bühnenhauptrolle zu sehen, in der Komödie „Alles muss glänzen“ im Berliner Theater am Kurfürstendamm. Wir erwischten die 50-Jährige vor den Proben am Handy.

Was hat Sie so begeistert an dem Stück?

Maria Furtwängler: Ich habe die Neigung, wenn etwas schwer ist, fast nicht machbar und nach einer richtigen Herausforderung aussieht, dann muss ich es machen. Wenn ich erst einmal keinen Schimmer habe, wie man so etwas wuppt und spielt, dann mache ich das.

Und bereuen es dann?

Furtwängler: Bislang nicht. Ich muss gestehen, dass ich mich im Prozess immer wieder frage: Warum tue ich mir das an? Doch dann fällt mir ein, dass mich keiner dazu gezwungen hat, und mir wird klar: Das ist eine Chance auf Wachstum, sowohl als Schauspielerin als auch persönlich. Und das hat sich bisher immer bewahrheitet. Von daher suche ich immer das nächste größere Risiko.

Risiko oder das Wachstum, worum geht es Ihnen mehr?

Furtwängler: Um die Grenzerfahrung. Ich würde nie Bungee-Jumping machen, aber die Rolle ist fast so etwas.

In dem Theaterstück geht es um die Apokalypse. Wie gehen Sie persönlich mit Krisen um?

Furtwängler: Das hat ganz viel mit uns zu tun. Wir lesen einen Artikel, um im Bild zu bleiben, etwa über Klimawandel und was da auf uns zukommt. Doch trotz der gigantischen Umwälzungen und Verwerfungen leben wir wie meine Figur Rebecca weiter, als ob es nicht stattfinden würde und wir nicht sterben müssten. Was machen wir denn aktiv gegen den Klimawandel? Wir lesen! Wir empören uns! Dann fahren wir halt mal nicht mit dem Auto oder trennen den Müll, aber mehr auch schon nicht.

Stimmt. Aber verraten Sie uns, wie gehen Sie persönlich mit Krisen in Ihrem Leben um? Bleiben Sie ruhig oder flippen Sie aus?

Furtwängler: Ich bin eher jemand, der, wenn es sehr dramatisch wird, zu großem Pragmatismus neigt. Ich werde dann eher ruhiger, klarer, strukturierter und kann mich erst verlieren, wenn der Druck nachlässt.

Das Stück hat sehr viele testamentarische Anspielungen. Sind Sie bibelfest?

Furtwängler: Ich bin alles andere als bibelfest. Ich wurde zwar getauft, doch dann hat sich niemand mehr um meine religiöse Erziehung gekümmert. Als Kind habe ich alle beneidet, die Kommunion hatten und wahnsinnig schöne Geschenke bekommen haben. Das hatte ich nicht.

Als Münchner Kind sind Sie wahrscheinlich Katholikin?

Furtwängler: Nein, Protestantin. Was auch blöd war, denn in Bayern passte das gar nicht.

Und wie religiös sind Sie?

Furtwängler: Ich beneide Menschen, die im Glauben fest sind. Die sagen: „Da gibt es diesen Herrgott.“ Ich kann nur sagen: Toll. Habe ich nicht. Fehlt mir. Fehlt vielen von uns.

Sie sind im September 50 Jahre geworden ...

Furtwängler: Das große Glück meiner Generation ist, dass es weitergehen kann. Und ich merke, wie viel ich noch habe. Dass ich noch etwas erreichen will und kann. Da ist viel Energie frei geworden, die ich mit unglaublicher Lust und Wonne in diesen Beruf und meine Stiftung stecken kann und will. Ja, ich will schon wissen, was noch geht. Will Grenzen ausloten, und jetzt habe ich die Zeit und Kraft dazu.

Gibt es eine Tageszeit, die nur für Sie reserviert ist?

Furtwängler: Ich versuche es, denn ich weiß, dass ich nicht gut bin, wenn ich nicht innehalte. Aber ich bin auch nicht gut im Innehalten. Also schreibe ich. Ich habe ein Büchlein, wo ich alles hineinschreibe, das ist meine Erdung.