Berlin/Hamburg. Syphilis schien hierzulande fast verschwunden. Seit einigen Jahren nehmen die Fälle aber wieder zu. Nun gibt es einen neuen Höchstwert.

In den 90er-Jahren war Syphilis in Deutschland extrem selten, die meisten Ärzte bekamen die Geschlechtskrankheit nie zu Gesicht. Das hat sich deutlich geändert: Seit einigen Jahren nehmen die Fallzahlen wieder rasant zu. Im vergangenen Jahr hat die Zahl der Syphilis-Diagnosen in der Bundesrepublik gar einen Höchststand seit Einführung des Infektionsschutzgesetzes 2001 erreicht.

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) vom Donnerstag wurden 2019 7889 Fälle der Geschlechtskrankheit gemeldet. Das ist ein Plus von rund sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Syphilis-Verbreitung: Berlin bei Bundesländern an der Spitze, Köln bei Großstädten

Die meisten Nachweise im Verhältnis zur Einwohnerzahl unter den Bundesländern weist demnach Berlin auf – so wie auch schon in den vergangenen Jahren. Dort sticht vor allem der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg mit fast 93 Fällen pro 100.000 Einwohner hervor (Berlin gesamt: 39,7).

Ebenfalls über dem Bundesschnitt von 9,5 Fällen pro 100.000 Einwohner liegen Hamburg und Nordrhein-Westfalen. In vielen Städten beobachtet das RKI eine vergleichsweise starke Verbreitung, darunter Köln, München und Frankfurt am Main. In Dresden hat sich die Zahl Fälle gegenüber 2018 fast verdoppelt.

Stadt20182019Veränderung
Köln42,757,8+35,4 %
Berlin32,3 39,7+22,9 %
München29,1 30,2+3,8 %
Frankfurt/Main34,9 28,3–18,9 %
Düsseldorf20,324,7 +21,7 %
Hamburg24,1 24,5 +1,7 %
Leipzig16,023,1+44,4 %
Stuttgart21,021,0+/- 0 %
Dresden9,818,6+89,9 %
Essen16,317,8+9,2 %
Nürnberg14,217,0+19,7 %
Dortmund9,510,6+11,6 %
Hannover13,69,8-27,9 %
Bremen11,38,6-23,9 %

Syphilis-Inzidenz 2018 und 2019 (Fälle/100.000 Einwohner), Großstädte >500.000 Einwohner nach Bevölkerungszahl. Daten vom RKI.

Infektionen „in relevanter Zahl“ werden aber laut RKI auch aus ländlichen Regionen gemeldet. Seit 2010 beobachten die Experten einen Anstieg bei gemeldeten Syphilis-Fällen, nur 2018 gab es einen leichten Rückgang im Vergleich zum Vorjahr. Für das laufende Jahr sind laut RKI-Datenbank bisher rund 6400 Diagnosen gemeldet.

Treponema pallidum, der Erreger der Syphilis, ist bis heute nicht im Labor kultivierbar.
Treponema pallidum, der Erreger der Syphilis, ist bis heute nicht im Labor kultivierbar. © imago

Unter homo- und bisexuellen Männern ist Syphilis besonders verbreitet

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Syphilis wird vorwiegend bei homo- und bisexuellen Männern diagnostiziert. Darunter sind viele HIV-Positive. Der Frauenanteil an den 2019 gemeldeten Fällen lag bei knapp sechs Prozent.

Syphilis wird von Bakterien hervorgerufen und ist mit Antibiotika heilbar. In Deutschland ist die Übertragung beim Sex am häufigsten. Kondome senken das Risiko einer Übertragung.

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Bei der Krankheit unterscheiden Mediziner drei Erkrankungsstadien. Zunächst bildet sich ein schmerzloses Geschwür an der Eintrittsstelle des Erregers, später können Symptome wie Fieber, geschwollene Lymphknoten, Haarausfall und Hautausschläge auftreten. Unbehandelt sind mehrere Jahre nach der Ansteckung Schädigungen des Gehirns und der Blutgefäße möglich. Es gibt aber auch viele symptomlose Fälle.

Das RKI hat zu der Entwicklung im vergangenen Jahr ein Epidemologisches Bulletin herausgegeben.

(heg/dpa)