Essen. Dass Homosexuellen-Heilung absurd ist, ist bekannt. Eine Arte-Doku forscht, wer hinter den Therapien steckt und was sie versprechen.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat bereits 1992 Homosexualität nicht mehr als psychische Erkrankung eingestuft, und kein ernsthafter Wissenschaftler würde inzwischen noch daran zweifeln, dass es keine „gesunde“ sexuelle Orientierung gibt.

Wie zumeist religiös motivierte Gruppen versuchen, weltweit angeblich kranke Homosexuelle zu heilen, darüber berichtet heute die beeindruckende französische Dokumentation „Wie krank ist Homo-Heilung?“ auf Arte.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, selbst homosexuell, will möglichst noch in diesem Jahr die – verharmlosend so genannten – „Konversionstherapien“ zur vorgeblichen Behandlung von Homosexualität per Gesetz verbieten. Sein Gesetzentwurf kam Anfang November sicher zu spät für die Filmemacher, und so gibt es leider keine Aussage von CDU-Politiker Spahn in dem anderthalbstündigen Beitrag.

Verteufelung gleichgeschlechtlich Liebender bis zur Gewaltandrohung

Dafür spricht einer seiner entschiedensten Gegner in Deutschland, der Arzt Gero Winkelmann vom Bund der Katholischen Ärzte. Die erkennbar Ewiggestrigen in dieser ohnehin kleinen Ärzteschaft organisieren sich im „Arbeitskreis Homosexualität“.

Den Begriff „Krankheit“ versucht der für seine kruden Thesen (Generationen übergreifende Verhaltensstörungen) und Methoden (Homöopathie für Schwule) bekannte Münchener Arzt Winkelmann nicht ungeschickt zu vermeiden, spricht lieber von dem angeblichen „Behandlungsbedarf“ und der Not der Betroffenen. Richtig ist: Erst die Tabuisierung von Homosexualität und die Diskriminierung von Homosexuellen machen krank.

Die Autoren, deren Haltung bereits der Filmtitel deutlich werden lässt, lassen viele Vertreter der „Umpolungstherapien“ zu Wort kommen, sofern sie sich wie die felsenfest überzeugten katholischen Geistlichen aus Polen vor eine Kamera setzen wollen. Nicht nur, jedoch gerade in unserem östlichen Nachbarland geht die „Therapie“ bis zum Exorzismus, die Verteufelung gleichgeschlechtlich Liebender über Ausgrenzung bis zur unverhohlenen Gewaltandrohung.

Auch Opfer der Konversionstherapien kommen zu Wort

Zu Wort kommen jedoch auch Menschen, die selbst lange Zeit Konversionstherapien durchgeführt haben, darunter einige einst „umgepolte“ Homosexuelle. Alain Chambers beispielsweise leitete von 1993 bis 2013 die kirchlich getragene Organisation „Exodus“ in den USA. Heute entschuldigt er sich für das Leid, dass Exodus über viele Homosexuelle gebracht hat.

Das eingepflanzte schlechte Gewissen, etwas Verbotenes zu tun und sich als gläubiger Mensch gegen den Willen Gottes zu stellen, führt häufig zu schweren Depressionen, nicht selten zum Selbstmord. Allein in den USA sollen seit dem Aufkommen der Konversionstherapie als Reaktion auf die sexuelle Revolution in den 60er-Jahren – „Exodus“ wurde 1976 gegründet – rund 700.000 Menschen „behandelt“ worden sein.

Wie psychisch brutal dies geschehen kann, davon geben die undercover gedrehten Aufnahmen Auskunft. Visuell der beste Teil dieser sehenswerten Dokumentation sind allerdings die eingestreuten Schwarz-Weiß-Zeichnungen im Stil einer Graphic Novel.

Spahn hat eine Kommission einberufen, die sich dem Kampf gegen „Homo-Heiler“ verschrieben hat. Für ein Verbot sieht der Gesundheitsminister viele Gründe.