Berlin . Regina Ziegler feiert am Weltfrauentag ihren 75. Geburtstag. Das passt. Weil sie sich gegen Widerstand durchsetzte – mit großem Ego.

Seit 46 Jahren spielt Regina Ziegler beim deutschen Film in der obersten Liga mit. Sie ist eine der erfolgreichsten Filmproduzentinnen Deutschlands, lange Zeit war sie die einzige. „Bis heute empfinde ich es als besondere Fügung, dass ich meinen Geburtstag am Weltfrauentag feiern darf“, sagt die Frau mit den flammend roten Haaren.

Sie hat das gerade so geschafft: Am 8. März 1944 kam sie zehn Minuten vor Mitternacht zur Welt. Aber das musste wohl schicksalhaft so sein. Denn früh drang sie in eine Männerdomäne und lernte, sich zu behaupten „Ich bin in einer Zeit groß geworden, in der Frauen allenfalls als Schmuckblatt für erfolgreiche Männer galten“, erzählt sie immer wieder gern.

So beschrieb sie es auch – verächtlich und kämpferisch – in ihren Memoiren. „Die Bezeichnung ,Filmproduzentin‘ existierte damals gar nicht. Produzenten waren Männer, basta.“ Um sich durchzusetzen, „brauchte ich ein Ego, das sehr viel größer war als das meiner Kollegen mit dem Y-Chromosom“.

Das Büro voller Filmpreise

Anfangs sei ihr stets eine unterschwellige Herablassung entgegengebracht worden, erzählt sie. Die meisten Herren der Branche hätten darauf gewartet, vielleicht sogar gehofft, dass sie scheitern würde. „Genau das aber hat mich immer herausgefordert“, sagt sie. Vielleicht ist es kein Zufall, dass sie eine tiefe, knarrende Stimme hat. Die klingt stets ein wenig herrisch und gebieterisch. So verschafft man sich Respekt.

Besucht man Ziegler in ihrem Berliner Büro, ist man umgeben von Filmgeschichte. Die großzügigen Räume sind voller Drehbücher, die noch gelesen und verfilmt werden wollen. Überall hängen Filmplakate von Klassikern wie der Erich-Kästner-Verfilmung „Fabian“ oder von „Kamikaze 1989“, der letzte Film mit Rainer Werner Fassbinder.

Und erst all die Preise: Grimme-Preis, Deutscher Filmpreis fürs Lebenswerk, Bundesverdienstkreuz, Deutsche Fernsehpreise für „Weißensee“, „Gladbeck“ oder den Udo-Jürgens-Film „Der Mann mit dem Fagott“. Nicht zu vergessen der große internationale Erfolg, der Emmy, Amerikas Fernseh-Oscar, für den Dreiteiler „Die Wölfe“. Heute muss Ziegler sich nicht mehr beweisen.

Waschmaschinen und Hormonpillen verkauft

Aber sie hat früh gelernt, sich durchzusetzen. Mit 19 Jahren zog sie nach Berlin. Sie gab vor, Jura zu studieren, hat aber nie einen Fuß in die Uni gesetzt. Das gab natürlich Krach mit den Eltern. Sie ging dennoch ihren Weg. Machte ein Praktikum beim Sender Freies Berlin (SFB), jobbte im KaDeWe, hielt sich als Vertreterin für Hormonpillen und Waschmaschinen über Wasser.

Dass sie beim SFB in der Abteilung für Kulturelles Feature landete, hatte damit zu tun, dass sie einer Frau auf die Füße half, buchstäblich, als diese übel gestürzt war. Es war die Leiterin der Abteilung. So wurde Regina Ziegler Produktionsassistentin. Viel weiter hätte sie in damaligen Zeiten als Frau eigentlich nicht kommen können.

Dass sie es doch geschafft hat, hat sie auch einem Mann zu verdanken: Wolf Gremm. Am 9. April 1971, ihr Schicksalstag, platzte Gremm in ihr Büro und sagte, sie würden von nun an zusammenarbeiten. Das taten sie auch bei mehreren Dokumentarfilmen. Und stritten oft und heftig.

Geld von Bekannten und Familie geliehen

Er bedrängte und bezirzte sie abwechselnd – und riet ihr, selbst Produzentin zu werden. Von seinen Filmen. Mit 29 Jahren gründete sie ihre eigene Firma Ziegler Film. Ihr erstes Projekt war Gremms Regiedebüt. Ihr gemeinsames Baby. Der Titel „Ich dachte, ich wäre tot“ hatte Symbolcharakter, denn die Idee schien eine Totgeburt zu sein. Keiner wollte den Film mitfinanzieren. Dann machen wir’s eben alleine, entschied Ziegler.

Sie pumpte sich von Bekannten Geld zusammen, viele Freunde wechselten in dieser Zeit die Straßenseite, um nicht von ihr angesprochen zu werden. Die Mutter lieh den Rest. Auch das Filmfestival in Mannheim wollte den Film erst nicht zeigen. Da mietete sie dort einfach ein Kino und zeigte ihn parallel zum Festival.

Geht nicht gibt´s nicht

Der Rest ist Geschichte. Der Film wurde ein Erfolg. Und der Name Ziegler zur Marke. Längst ist Ziegler Film nicht mehr das Werk einer Frau, sondern von zweien. Ihre Tochter Tanja ist inzwischen ins Geschäft miteingestiegen. Immer noch stürzt sich Regina Ziegler sich in die Arbeit, aktuell mit der Verfilmung des Udo-Jürgens-Musicals „Ich war noch niemals in New York“. Auch mit 75 ist sie noch eine Arbeitswütige. „Geht nicht gibt’s nicht“. Das war und ist ihr Lebensmotto.