Berlin. Ärzte und Ärztinnen sind häufig Opfer sexueller Belästigung. Das belegt eine Charité-Studie. Viele Übergriffe sind sogar körperlich.

Am häufigsten sind es Kollegen, die Grenzen missachten: Laute einer Studie der Charité haben 70 Prozent der Ärzte und Ärztinnen in ihrem Arbeitsleben schon einmal Belästigungen erlebt, dabei ging es explizit um Vorfälle mit sexuellen Absichten.

Frauen sind demnach häufiger Opfer als Männer, 76 Prozent der Medizinerinnen gaben an, belästigt worden zu sein, bei den Männern waren es 62 Prozent. 25 Prozent der Interviewten beklagten sich über anzügliche Sprüche.

743 Ärztinnen und Ärzte befragt

Die Studie „Watch – Protect – Prevent (WPP)“ wurde von Charité-Wissenschaftlerinnen in Zusammenarbeit mit den Gleichstellungsbeauftragten der Klinik vorgelegt. Die Ergebnisse beruhen auf einer Online-Umfrage, die unter 743 Ärztinnen und Ärzten der Charité von Mai bis Juli 2015 stattfand.

Gefragt wurde nach Formen von erlebtem Fehlverhalten während des gesamten Berufslebens und somit auch vor der Tätigkeit der Befragten an der Charité. Erhoben wurden zudem die Folgen und die Profile der Verursacher. 60 Prozent der Teilnehmenden waren weiblich, 39 Prozent männlich und ein Prozent nannte eine andere Geschlechtsidentität.

Körperkontakt häufigste Form der Belästigung

Häufigste Form er Belästigung war laut der Studie Körperkontakt, 17 Prozent hatten solche Vorfälle erlebt. 15 Prozent mussten Erzählungen mit sexuellen Inhalten hören. Nachpfeifen und Anstarren erlebten 13 Prozent.

Sexuelle Angebote und unerwünschte Einladungen mussten sieben Prozent erdulden, schriftliche Belästigungen beziehungsweise Bilder oder Witze bekamen sechs Prozent zu sehen beziehungsweise zu hören, fünf Prozent der Befragten sahen an sie gerichtete obszöne Gesten. Die Betroffenen wurden am häufigsten von Kolleginnen und Kollegen belästigt. Bei Frauen spielten zudem männliche Vorgesetzte eine zentrale Rolle.

„Wir tolerieren keine Form von sexueller Belästigung und vergleichbaren Grenzverletzungen, ob in der Klinik, im Institut, im Seminarraum oder im Verwaltungsbereich“, erklärte Professor Karl Max Einhäupl, der Vorstandsvorsitzender der Charité: „Der Vorstand sieht sich in der Pflicht, hierfür die entsprechenden Beratungs- und Hilfsangebote bereitzustellen.“

Zugleich wies er darauf hin, dass die Charité deutschlandweit als einziges Universitätsklinikum eine Richtlinie zur Vorbeugung von Grenzverletzungen verabschiedet habe. (ses/dpa)