„Unter Verdacht“ mit Senta Berger – Krimidrama ohne Grautöne
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Lesezeit: 3 Minuten
Von Arnold Hohmann
Essen. Senta Berger ermittelt in dem ZDF-Krimi „Unter Verdacht“ in einem Flüchtlingsheim. Die Reihe hat schon bessere Filme hervorgebracht.
Der Einstieg könnte dramatischer nicht sein. Zwei Gesetzeshüter greifen einen jungen Migranten auf, der sofort rennt. Es ist wohl die einzige Reaktion, die er kennt, mit der er auch in seiner Heimat überlebt hat, wie eine Überblendung deutlich zeigt. Als sie ihn dann gefangen haben und ins Heim bringen, zeigt der Junge eine derartige Panik, dass er sich losreißt, aufs Dach flieht, um sich von dort in die Tiefe zu stürzen. Die besonnene Polizistin versucht noch, ihn davon abzubringen, doch als ihr bulliger Kollege mit Drohgebärde auf ihn zurennt, fällt die tödliche Entscheidung.
Der Titel „Die Guten und die Bösen“ dieses Beitrags aus der Reihe „Unter Verdacht“ könnte auch auf diese Polizisten gemünzt sein. Der weibliche Cop zeigt Verständnis, der alte Haudegen mit seiner offensichtlichen AfD-Gesinnung aber, der muss mit seinen Ansichten den Bösen geben. Ein solches Schwarz-Weiß-Denken, das auch an anderer Stelle immer mal wieder zu spüren ist, kennt man bisher nicht von den Filmen um das Gespann Prohacek (Senta Berger) und Langner (Rudolf Krause).
Jugendliche werden zu Sklaven
Die Heimleiterin (Bibiana Beglau) zum Beispiel ist der verständnisvolle, gute Mensch schlechthin, sie sieht in all ihren Schäfchen kleine Engel. Der Staatssekretär aber, ganz Politiker, zeigt hinter den Kulissen, was er von diesen jungen Asylanten hält. Um die geht es hauptsächlich in diesem Film von Johannes Grieser (Regie) und Michael Gantenberg (Buch). Um die vielen Tausenden aus Afghanistan oder Syrien, die ohne Eltern eingereist und von denen viele irgendwann nicht mehr auffindbar sind.
Prohacek und Langner haben anfangs nur mit den besagten Polizisten zu tun und mit ihrem Verhalten während des Sprungs. Später aber bekommen sie eine Ahnung von dem tristen Dasein in solchen Heimen, wo Jugendliche ohne Arbeit sich anderen Beschäftigungen zuwenden. Sie lassen sich beispielsweise anheuern, um in gesundheitsgefährdenden Anlagen zu arbeiten, nur um der Familie daheim Geld schicken zu können. „Moderne“ Sklavenarbeit. Ganz deutlich will dieser Film aufrütteln, will auf Schicksale aufmerksam machen wie auf das des Afrikaners Chandu (gut), der Kontakt hält mit seiner kranken Schwester, die er nicht nachholen kann. Als er von ihrem Tod erfährt, zerreißt es ihn schier.
Die Karriere von Senta Berger
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Welt besteht nicht nur aus Guten und Bösen
Auch der findige Djamal (böse) spielt eine Rolle. Er provoziert Prohacek derart, dass die stets so gefasste Frau ihm tatsächlich eine Ohrfeige verpasst. Man sieht
immer noch gern in dieser Rolle, weshalb man über manche Schwächen hinwegsehen möchte. Über die totale Reduzierung der Szenen mit Chandus Schwester etwa, die man immer nur wimmernd, liegend in extremer Nahaufnahme sieht. Oder die Art und Weise, wie dem aufbrausenden Polizisten beinahe auch noch ein zweiter Toter untergeschoben werden soll.
Überhaupt kommt die Polizei hier denkbar schlecht weg. Sie ist hier ein Bund, der auch Rechtsaußen in seiner Mitte duldet. Diese überdurchschnittliche Reihe hat schon bessere Filme hervorgebracht.
Fazit: Spannender Fall, aber zu viel Schwarz-Weiß-Denken – die Welt besteht nicht nur aus Guten und Bösen.
ZDF, Samstag, 24. Februar, um 20.15 Uhr
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