Berlin. Seit 30 Jahren steht Muriel Baumeister vor der Fernsehkamera. Seit 24 Jahren ist sie Mutter. Beruf und Familie – beides liebt sie.

Muriel Baumeister telefoniert nicht gern. Als die Möglichkeit besteht, das Interview in ein Café zu verlegen, reagiert sie sofort: „In 20 Minuten im ‚Anna Blume‘? Wer zuerst da ist, bestellt den Kaffee!“ Sie kommt im Ringelshirt und Parka, ungeschminkt. Die ganz normale Alltags-Muriel. Dreifache Mutter, Schauspielerin, leidenschaftliche Salzburgerin, die aus familiären Gründen an Berlin gebunden ist. Aus Patchwork-familiären Gründen. Oder „Patchwürg“, wie sie es nennt: Drei Kinder, drei verschiedene Väter, da ist viel zu koordinieren, auch, wenn der Große schon 24 ist und sein eigenes Leben lebt.

Sie raucht „bei Interviews und mal abends“

Sie möchte draußen sitzen, eine Zigarette rauchen. „Bei Interviews und mal abends“, rauche sie, nicht viel. Unter den Bäumen vor ihrem Lieblingscafé liegt reichlich Herbstlaub. Kaum hat sie angefangen zu erzählen, kommt die Straßenkehrmaschine das erste Mal vorbei. „Fegaro“ steht drauf, kleiner Scherz der Berliner Stadtreinigung, sie lacht. Der „Fegaro“ kommt noch dreimal in dieser Stunde, „versteckte Kamera“, vermutet Muriel Baumeister.

Es ist lustig, aber der Lärm lenkt sie auch ab. Wie das Flugzeug weit oben, der Spatz, der am Tisch Krümel erbetteln möchte, der Mann, der die Obdachlosenzeitung verkauft, die Bekannte, die mit kleinem Kind vorbeikommt und mit der sie kurz plaudert. Muriel Baumeister ist mit ihrer Umgebung ununterbrochen verbunden. Und weiß doch jedes Mal wieder, wo sie gerade war im Gespräch.

Zu ihrem Absturz im vergangenen Jahr will sie nichts mehr sagen

Zum Beispiel da, wo sie erklärt, dass sie nichts mehr sagen will zum großen Thema des vergangenen Jahres. Zum Unfall unter Alkoholeinfluss, und den „Absturz!“-Rufen der Boulevardpresse. Ihre Gegenoffensive war ein großes Interview über ihre Krise, über die postnatalen Depressionen nach der Geburt ihrer jüngsten Tochter Ende 2014.

Aber jetzt hat sie genug, „weil es sonst immer wieder wiederholt wird und immer wieder rausgeholt, und da hab ich keine Lust mehr drauf“, sagt sie. Dass es ihr besser gehe, sagt sie aber doch noch.

Die 45-Jährige erzählt ganz offen. Etwa, dass sie eine Glucke sei. Und wie ihr Lieblingskellner im Restaurant sie gelobt hat: „Frau Baumeister, Ihre Kinder sind die am besten erzogenen in Prenzlauer Berg.“ Die Erziehungsmethoden in diesem Berliner Stadtteil hält sie für suboptimal, den Kindern würde erklärt, sie seien der Nabel der Welt. Da ist sie konservativer: „Respekt, Demut und Kinderstube: Das ist was, was ich sehr schätze.“ So habe sie es von ihren Eltern mitbekommen. Schminken für die Schule? Erlaubt sie ihrer Zwölfjährigen nicht. Hotpants darf sie nur mit Leggings tragen. Und

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gar nicht erst sehen. Ob sie das einfach hinnimmt? „Das muss sie akzeptieren, ich bin der Chef.“ Punkt.

Sie mag die Rückmeldung von der Verkäuferin im Supermarkt

Familie und Beruf: die beiden Säulen. Beides kann Sorgen machen, beides liebt sie. Die Schauspielerei bedeutet auch mangelnde soziale Absicherung, weniger Rollen für Frauen über 40, anstrengende Auftritte auf dem Roten Teppich. Aber, und das sagt sie voll Überzeugung, es gibt einen ganz zentralen Grund, warum sie ihren Beruf liebt: „Weil es ein Traum ist, zu spielen. Sich in andere Menschen hineinzuversetzen und andere Figuren sein zu können. Du kannst jemand anders sein, ohne jemand anderes sein zu müssen.“

Und was ihr dann besonders gut gefällt, ist, wenn die Verkäuferin im Supermarkt sie am nächsten Morgen

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anspricht. Dafür mache sie das, sagt sie. Wenn die sage „Das hat mir gut gefallen“, dann habe sie es richtig gemacht. Und für die Zukunft? Die Rollen, die heute noch von „der Berger, der Hörbiger, der Elsner“ gespielt werden: Da soll es am liebsten später „die Baumeister“ heißen.