Essen. Sollte Deutschland vorzeitig aus der Fußball-WM ausscheiden, muss die Analyse über Einzelschicksale weit hinausgehen. Ein Kommentar.

Soll Özil spielen – oder nicht? An dieser scheinbar belanglosen Frage entzündet sich die Emotion einer ganzen Nation. Die Sorge ist groß: Erstmals könnte Deutschland in einer WM-Vorrunde ausscheiden. Prompt werden alle Ängste auf den übertragen, der noch am wenigsten die deutschen Fußballtugenden auf dem Spielfeld zeigt, das Grätschen, das Kämpfen, das Rennen-bis-zum-Umfallen-Getue der 90er-Jahre. Auf Mesut Özil eben.

Diesen Fragen müssen sich DFB und Bundesliga stellen

Sollte aber das Undenkbare am Samstag tatsächlich passieren und Deutschland ausscheiden, wäre die einseitige Schuldzuweisung auf ihn so falsch wie eine Beschwichtigung oder Verharmlosung der Situation. Jede Analyse, was im deutschen Fußball besser gemacht werden sollte, muss über Einzelschicksale weit hinausgehen.

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DFB und Bundesliga haben sich vielen weiteren Fragen zu stellen. Zum Beispiel: Wann und wo verlor der deutsche Fußball den Anschluss an die internationale Elite? Warum konnten die Klubs (außer FC Bayern) im Europacup nicht mehr mithalten? Warum haben viele Fans das Gefühl, dass ihre Interessen in Deutschland nicht gebührend berücksichtigt und gewürdigt werden? Woher kommt die Kluft zwischen dem Publikum und dem Profifußball? Was läuft da schief im Jugendfußball? Am Ende: Wie kriegen wir den Umbruch hin? Liegt grundsätzlich was im Argen? Der Fragenkatalog ist noch länger.

Die Fragen sind überfällig und nicht über Nacht zu beantworten, während das WM-Turnier noch läuft. Irgendwann aber muss sich der DFB den Fragen stellen. Wir alle hoffen: nicht nach dem Schweden-Spiel. Aber der Tag wird früher oder später kommen. Özil und seine Leistungen dürfen nur ein Nebenaspekt sein.

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