Are. Mit der Last, die Hoffnungen der Frauen-Mannschaft zu tragen, muss Rebensburg seit Jahren zurechtkommen. Das gilt auch für die Ski-WM.

Viktoria Rebensburg beschäftigt sich nicht gerne mit der Vergangenheit, weder mit den guten noch mit den schlechten Zeiten ihrer sportlichen Karriere. Nicht zurückdenken ist auch vor ihrem letzten Rennen bei dieser WM die Devise - und das Beste, was sie machen kann. Sonst würde sie womöglich ein wenig nervös werden. Denn bei den Titelkämpfen in St. Moritz startete sie mit einem vierten Platz im Super-G und einem elften Platz in der Abfahrt – genau wie hier in Are. Wenn dies ein schlechtes Omen ist, dann bräuchte sie heute im Riesenslalom gar nicht anzutreten, denn damals schied sie in ihrer Spezialdisziplin bereits im ersten Durchgang nach knapp 30 Fahrsekunden aus und verließ die Titelkämpfe ohne Medaille. „Das war schon heftig, für mich der schwierigste Moment", gibt sie zu, wenn sie es dann doch einmal zulässt, mit dem Vergangenen konfrontiert zu werden.

Rebensburg fehlt in diesem Winter die Konstanz

Es muss ja bei ihrem letzten Anlauf auf eine Medaille in Are nicht kommen wie vor zwei Jahren im Engadin, aber Rebensburg weiß schon, aber dass sie im Riesenslalom nicht „zu den allergrößten Favoriten“ gehört. Sie geht zwar mit der Empfehlung von zwei zweiten Plätzen im Weltcup bei der WM an den Start, aber eben auch mit der Bürde, zweimal ausgeschieden zu sein. Es fehlt in diesem Winter die Konstanz des vergangenen Jahres, als sie in sechs von acht Rennen auf dem Siegerpodest stand, drei davon gewann und am Ende zum dritten Mal die Riesenslalom-Kugel für die Saison-Beste in dieser Disziplin überreicht bekam. Aber angesichts der Handicaps von Stefan Luitz (Schulterverletzung) und Felix Neureuther und den fehlenden Slalom-Topfahrerinnen scheint Rebensburg heute die größten Chancen zu haben, dem Deutschen Skiverbandes doch noch das erhoffte Edelmetall zu bescheren. „Sie kann die Medaille einfahren, aber da muss alles zusammenpassen“, sagt Alpinchef Wolfgang Maier.

Die derzeit einzige Hoffnungsträgerin

Mit der Last, die gesamten Hoffnungen der Frauen-Mannschaft zu tragen, muss Rebensburg seit dem Rücktritt von Maria Höfl-Riesch vor fünf Jahren zurechtkommen, daran ändert auch die Entwicklung von Abfahrerin Kira Weidle in dieser Saison noch nichts. Die 22 Jahre alte Starnbergerin habe ihre eigenen Erwartungen nicht erfüllen können, sagte Maier. Es sei normal, „dass man etwas überzieht, wenn man das erste Mal meint, man kann mitmischen“. Trotzdem ist der Alpinchef davon überzeugt, dass Weidle, „eine extrem gute Zukunft“ habe. Bis dahin aber muss es noch Rebensburg richten, vor allem in Are. Mit dem Fokus, der Erwartungshaltung kann sie leben. „Ich bin so lange dabei, dass ich weiß, wie ich damit umgehen muss."

„Der Speed ist auf alle Fälle da"

So richtig ist ihr dies allerdings bei den beiden letzten Großereignissen nicht gelungen. Sowohl in St. Moritz als auch bei den Olympischen Winterspielen im vergangenen Jahr in Pyeongchang, in die sie also absoluten Gold-Favoritin mit einem vierten Platz gestartet war, wirkte Rebensburg während der jeweils zwei Wochen wesentlich verkrampfter und angespannter als dieses Mal in Are. „Der Speed ist auf alle Fälle da. Und es ist eine gute Piste, die mir liegt", sagt sie. Vor dem Riesenslalom verschwand sie zum Trainieren noch einmal ins eine Autostunde entfernte Almasen, um dort unter anderem ihren neuen, extra für die WM gefertigten Ski zu testen. Davor postete sie noch ein Foto, das sie lächelnd in einem schnellen Auto des WM-Sponsors auf dessen Driving-Rang vor dem Skistadion in Are zeigt. „Was soll ich sagen, ich mag es einfach, schnell zu sein“, schrieb Rebensburg, die neulich in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ erklärte, sie sei „immer die Rennsemmel“ gewesen, unter das Foto. Wenn sie heute im Riesenslalom schnell genug ist für eine Medaille, wäre es eine Erlösung. Für den Deutschen Skiverband, aber auch für sie selbst.