St. Petersburg. Frankreich steht als erste Mannschaft im WM-Endspiel. Im Halbfinale genügte ein Kopfballtor von Samuel Umtiti zum 1:0 gegen Belgien.

Es war einer der kühlsten WM-Tage in Sankt Petersburg, und schnell wurde deutlich, was dieses inzwischen rein europäische Turnier mit dem Ausscheiden der südamerikanischen Teams verloren hat: die Stimmung war auch etwas unterkühlt. Aus den Ländern der beiden Halbfinalisten Belgien und Frankreich begleiteten je nur kleine Häuflein ihre Mannschaften, und insgesamt blieben bei 64826 Zuschauern im Krestovski-Stadion sogar knapp 4000 Plätze leer. Die Zuhausegebliebenen oder schon Abgereisten verpassten ein ansprechendes, aber nicht überragendes Match – an dessen Ende die Franzosen jubelnd übereinander herfielen.

Erstmals seit 2006 steht die „Equipe Tricolore“ wieder im WM-Finale – ein Erlebnis, auf das Belgien weiter warten muss. Die Mannschaft von Trainer Didier Deschamps hat nach dem minimalistischen 1:0 (0:0) am Sonntag in Moskau die Gelegenheit, es besser zu machen als beim verlorenen Endspiel der Heim-EM 2016. Den Treffer des Abends erzielte Innenverteidiger Samuel Umtiti mit einem Kopfball in der 51. Minute. "Ich bin sehr glücklich, das war sehr schwer gegen ein starkes belgisches Team. Ich ziehe den Hut vor meinen Spielern", sagte Frankreichs Trainer Didier Deschamps. Belgiens Trainer Roberto Martinez sagte: "Einer muss gewinnen, einer verlieren. Aber meine Spieler haben Großes geleistet. Wir haben noch ein Spiel vor uns, wir wollen das mit einem Sieg abschließen. Meine Spieler haben einen Erfolg zum Abschluss verdient."

Belgiens Eden Hazard stellte Belgiens gefährlichste Waffe dar

Nur die Anfangs- sowie die Schlussphase gehörte dem brillanten Dribbler Eden Hazard, der als Kind in Wallonien, wie er dieser Tage bestätigte, eher Fan der französischen Nationalmannschaft war, und trotzdem Belgiens gefährlichste Waffe darstellte. In bester Arjen-Robben-Manier zog er mit Anlauf vom Flügel in die Mitte und schlenzte den Ball in Richtung Kreuzeck. Dort wäre er wohl auch gelandet, hätte Raphael Varane nicht noch seinen Kopf dazwischen bekommen (19.). Eine noch bessere Gelegenheit hatte kurz darauf Verteidiger Toby Aldeweireld. Sein Drehschuss nach einer Ecke sahen die meisten schon im Tor – aber Hugo Lloris parierte formidabel (22.).

Belgiens Trainer Martínez wartete nach seinem taktischen Meisterwerk gegen Brasilien wieder mit einem kleinen Revirement auf. De Bruyne spielte nach zentralem Mittelfeld und „falscher Neun“, diesmal leicht nach rechts hängend, machte aber immer wieder die Bahn für Nacer Chadli frei. Den Mittelfeldspieler funktionierte Martínez für den gesperrten Thomas Meunier zum Rechtsverteidiger um. Bei Ballbesitz spielten die Belgier teilweise mit einer Fünferreihe hinter Mittelstürmer Romelu Lukaku, überforderten so die französische Abwehr und verschafften Hazard auf links den Raum für seine Dribblings. Doch nach einer halben Stunde stellte sich das Team von Didier Deschamps besser auf dieser Herausforderung ein.

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Vorn kamen die Franzosen besser ins Spiel, als Antonie Griezmann die Partie gelesen hatte. Der Angreifer vergrößerte seinen Aktionsradius immer weiter, um das inexistente Kombinationsspiel in Mittelfeld zu ersetzen. Ob mit kurzen Berührungen eng am Gegenspieler oder mit öffnenden Pässen – wenn die französischen Angriffe ein Ziel bekamen, dann war Griezmann daran beteiligt. So wie in der 34. Minute, als er nach einer Balleroberung mit präzisem Diagonalpass auf rechts Kylian Mbappé fand, der direkt volley in die Mitte ablegte. Der Ball kam genau in der richtigen Geschwindigkeit für Olivier Giroud, doch der kantige Mittelstürmer vermasselte seine Schrittfolge und stolpert die Kugel in Richtung Eckfahne (34.). Die Franzosen zwangen Thibaut Courtois trotzdem noch in der ersten Halbzeit zu einer Glanzparade. Auf ein Zuspiel von Mbappé kreuzte Benjamin Pavard von rechts in den Strafraum und zeigte mit einem starken Abschluss aus spitzem Winkel sein ganzes Selbstbewusstsein aus einer überzeugenden WM. Der belgische Keeper parierte mit dem rechten Fuß (39.).

Frankreichs Umtiti entwischte seinem Bewacher Fellaini

Doch das Spiel gehörte jetzt Frankreich, das wurde nach dem Seitenwechsel nur noch manifester. Griezmann zielte eine Ecke auf den kurzen Pfosten, dort kam Umtiti seinem Bewacher Jan Verthongen zuvor und köpfte ein. Nach Varane im Viertelfinale gegen Uruguay traf damit zum zweiten Mal nacheinander ein Innenverteidiger zur französischen Führung – nicht untypisch für diese pragmatische Mannschaft, die den offensichtlichsten Vorzug in ihrem enormen Athletik hat, nach dem 1:0 aber kurz eine Feuerwerk entfachte, vor allem über Mbappé. Eine wunderbare No-Look-Ablage des 19-Jährigen hätte Giroud beinahe zum 2:0 verwertet, doch Courtois parierte (56.).

Belgien kam nach der Einwechslung des weiteren Stürmers Dries Mertens wieder etwas stärker ins Spiel, doch De Bruyne traf den Ball nicht, als er volley hätte einschießen können (61.). Erst gegen Ende animierte sich Hazard wieder zu seinen spektakulären Sololäufen. Doch sie blieben ungekrönt. "Das Spiel war sehr eng. Die Einstellung meiner Spieler war fantastisch", sagte Martinez. Frankreichs am Dienstag sehr solide Abwehr ließ nicht mehr viele Chancen zu. So kann man wohl Weltmeister werden.