Nowgorod. 2014 erreichte Argentinien das WM-Finale gegen Deutschland - 2018 droht das Vorrunden-Aus. Die Argentinier unterlagen Kroatien mit 0:3.

Lionel Messi schaute, als habe sich das ganze Unglück dieser Welt gegen ihn und Argentinien verschworen. Gerade noch war er Augenzeuge gewesen, wie Marcos Acuñas Schuss von Kroatiens Torwart Danijel Subasic abgewehrt worden war. Keine 20 Sekunden später lag Argentinien zurück, und ganz maßgeblich zu tun hatte das mit dem eigenen Torwart. Einen harmlosen Rückpass verwandelte Wilfredo Caballero in eine groteske Vorlage für Ante Rebic, und als der Angreifer von Eintracht Frankfurt den Ball ohne Umstände mit seinem rechten Fuß volley ins Tor wuchtete, schien Messi so langsam den Glauben zu verlieren, dass es bei seiner vierten WM endlich etwas werden könnte mit dem Titel und damit mit der Krönung seiner Karriere. Starren Blickes trottete er über den Rasen.

Kroatien zieht vorzeitig ins WM-Achtelfinale ein

Am Ende dieses sehr intensiven Spiels fügten Kapitän Luca Modric dem geschenkten Tor aus der 53. Minute noch das 2:0 (80.) und Ivan Rakitic in der Nachspielzeit gar den 3:0 (0:0)-Endstand hinzu, garniert vom vorzeitigen Einzug ins Achtelfinale, erstmals seit 1998. Dem WM-Zweiten von 2014 Argentinien droht dagegen das erste Aus nach der Gruppenphase seit 2002. Am Dienstagabend in St. Petersburg muss gegen Nigeria ein Sieg her. Doch auch der könnte nicht reichen, da Island erst an diesem Freitag sein zweites Gruppenspiel austrägt.

WM 2018 in Zahlen

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    Es hatte viel Aufregung gegeben in Argentinien nach dem 1:1 gegen Island zum Auftakt samt Lionel Messis verschossenem Elfmeter. Als eine „Schande“ hatte Diego Armando Maradona die Taktik von Trainer Jorge Sampaoli gegeißelt Und auf dem Boulevard wurde von Eheproblemen bei den Messis berichtet. Wenn Messi nicht glänzt oder Argentinien nicht gewinnt, gerät die Nation in Aufruhr. Fällt beides zusammen, scheint das Ende der Welt nahe. Das gilt aus argentinischer Sicht nun umso mehr.

    Dabei schien all der Verdruss am Donnerstagabend in Nischni Nowgorod zunächst einem plötzlichen und trotzigen Optimismus gewichen. Das Maskottchen Maradona schwenkte auf der Tribüne wild einen Schal, die vielen weiß-himmelblau gewandeten Fans sangen und hüpften erwartungsfroh – und auch Messi erweckte den Eindruck, einigermaßen entspannt in das Spiel zu gehen.

    Argentiniens Kapitän Messi hatte bis zur 26. Minute 13 Kontakte

    Doch kaum hatte dieses begonnen, stellten sich schon wieder ähnliche Ungereimtheiten ein wie gegen Island. Kroatiens ehemaliger Bundesligaprofi Ivan Perisic kam rasch zu einem gefährlichen Linksschuss nach einem Konter. Bald darauf war Argentiniens Abwehr erneut ausgehebelt, konnte die Situation aber noch nachträglich bereinigen. Sampaolis diesmal angeordnete Dreierkette, die Acuña im Spiel gegen den Ball zu einem Viererverbund erweiterte, erwies sich als nicht besonders abwehrbereit. Und dass Sampaoli erwartungsgemäß Marcos Rojo, Lucas Biglia und Ángel Di Maria aus der Startelf genommen und dafür Gabriel Mercado, Enzo Pérez und Acuña aufgestellt hatte, entfaltete auch offensiv nur bedingt Wirkung. Immerhin Maximiliano Meza wurde nach einer knappen Viertelstunde mit einem gefährlichen Abschluss auffällig, in dessen Schussbahn sich Innenverteidiger Dejan Lovren gerade noch rechtzeitig werfen konnte. Zudem touchierte Acuñas verrutschte Flanke bald darauf die Latte des kroatischen Tores.

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    Es fügte sich ins Bild, dass Argentiniens beste Torchance aus gleich mehreren Ungeschicktheiten in Kroatiens Defensive hervorging. Lovren und Torwart Subasic waren sich nicht einig, Domagoij Vida spielte den Ball auch noch in die Füße von Perez. Dessen Schuss verfehlte allerdings das leere Tor. Und Messi? War ganz anders als gegen Island nur äußerst selten am Ball, bis zur 26. Minute wies die Statistik ganze 13 Kontakte aus und bis zur Halbzeit keinen einzigen Torschuss. Das lag erstens daran, dass die Kroaten ihn geschickt abschirmten. Aber auch zweitens daran, dass Messis Kollegen erkennbar angewiesen worden waren, nicht die gesamte Verantwortung auf el Diez, die Nummer zehn, abzuwälzen. Überzeugend geriet das Offensivspiel der Argentinier dennoch nicht. Ebenso wie die Leistung in der Defensive. Kroatiens Stürmer Mario Mandzukic durfte nach einer guten halben unbehelligt am Fünfmeterraum köpfeln wie sonst nur beim Freizeitkick, der ehemalige Bayern-Stürmer verfehlte das Tor aber knapp. In der Nachspielzeit der ersten Halbzeit profitierte Argentinien zudem davon, dass Rebic einen aussichtsreichen Konter verschluderte.

    Dank Caballeros Aussetzer zu Beginn der zweiten Halbzeit konnte Rebic Versäumtes nachholen. Das versuchten danach auch die Argentinier. Immer wilder griffen sie an, doch ihre Aktionen gerieten zunehmend fahrig. Meza und Messi besaßen nach einer guten Stunde eine Doppelchance, doch wieder stand Subasic im Weg. Kroatien konterte zudem immer wieder gefährlich. Maradona kaute auf der Tribüne Fingernägel. Von Optimismus war nun nichts mehr zu sehen. Nach dem 0:2 und 0:3 hingen die Köpfe der Argentinier umso mehr. Erst recht bei Messi.