Sinsheim. Hoffenheim gewinnt nach einer Durststrecke von fünf Monaten und setzt das lange vermisste Zeichen im Abstiegskampf. Matarazzo kann die Trainerdiskussion damit vorerst beenden.

Pellegrino Matarazzo konnte sich nach dem Abpfiff kaum retten vor all jenen, die ihn umarmten, abklatschten oder ihm auf die Schulter klopften. Im sechsten Spiel seiner noch kurzen Amtszeit feierte der 45-Jährige mit dem 3:1 (2:0) gegen Hertha BSC seinen ersten Bundesliga-Sieg als Trainer der TSG 1899 Hoffenheim.

Möglicherweise entkam er damit auch einer Blitz-Beurlaubung - wovon Sportchef Alexander Rosen nach dem Ende einer fünfmonatigen Durststrecke der Kraichgauer natürlich nichts wissen wollte.

Matarazzo: „Habe noch vieles vor“

„Ich fühle mich gut - so wie jeder Spieler nach dem Sieg, das ist ganz normal„, sagte Matarazzo in der Pressekonferenz betont nüchtern, ergänzte aber immerhin: „Hier ist noch lange nichts zu Ende, ich habe noch vieles vor. Natürlich war es eine brenzelige Situation. Dass die Mannschaft Gas gegeben hat, tut dem Trainer natürlich in der Seele gut.“

Erst im 15. Anlauf hatte Hoffenheim mal wieder gewonnen und Matarazzo, dem nach Medienberichten bei einer Niederlage das schnelle Aus gedroht hätte, zumindest vorerst aus der Kritik genommen. Das drohende Szenario habe der Mannschaft noch mal einen Push gegeben, sagte Spielmacher Christoph Baumgartner und meinte mit Blick auf die Kabine: „Kein Spieler da drinnen hätte es in Ordnung gefunden, wenn der Trainer hätte gehen müssen.“

Rosen war nach dem Befreiungsschlag bemüht, ein paar Dinge geradezurücken. Es habe definitiv „kein ausgerufenes Finalspiel“ für Matarazzo und auch „kein Ultimatum“ gegeben, betonte der Sportchef bei Sky. Viele Dinge hätten schon vorher gut funktioniert, „und heute stimmte auch das Ergebnis“.

Jedenfalls hat die TSG nach dem so wichtigen Erfolg im Duell der beiden Abstiegskandidaten den letzten Tabellenplatz verlassen und belegt nun Rang 15. Für die Berliner ist die Situation nach dem 25. Spieltag wieder einmal mehr als prekär: Der Hauptstadt-Club rutschte auf den Relegationsplatz ab und bot eine enttäuschende Leistung, wie auch Chefcoach Sandro Schwarz einräumte: „Es ist keine große Überraschung, dass wir in dieser Tabellenregion sind. Die Leistung heute war frustrierend.“

„Die TSG, die TSG ist wieder da“

Vor 25.027 Zuschauern in Sinsheim sorgten WM-Stürmer Andrej Kramaric erst per Hand- (24. Minute) und dann per Foulelfmeter (37.) sowie Ihlas Bebou (51.) mit ihren Toren für den ersten Sieg 2023. Zuletzt hatte die TSG am 14. Oktober beim 3:0 bei Schalke 04 gewonnen. Hoffenheims Stürmer Munas Dabbur brachte das Kunststück fertig, nur zwei Minuten nach seiner Einwechslung die Rote Karte zu sehen. Er hatte dem eingewechselten Dodi Lukebakio von hinten in die Wade getreten (71.).

Stevan Jovetic erzielte in der zweiten Minute der Nachspielzeit noch das 1:3 für die harmlose Hertha, die die zehnte Auswärtspleite in dieser Saison kassierte. Wenige Tage nach der Präsentation des neuen Investors 777 Partner, der 100 Millionen Euro mitbringt, steht der Klassenverbleib weiter auf der Kippe. Passend zur brenzligen Lage bei beiden Clubs kamen die Einlauf-Kinder vor dem Anpfiff von der Jugendfeuerwehr Rhein-Neckar-Kreis und trugen rote Helme.

Am Ende sangen die Hoffenheimer Fans beglückt: „Die TSG, die TSG ist wieder da.“ Und Manager Rosen konnte erstmals seit der Präsentation von Matarazzo im Februar wieder etwas befreiter in die Kamera lächeln. Eine Trennung vom neuen Trainer, der im Oktober beim VfB Stuttgart beurlaubt worden war und erst im Februar André Breitenreiter abgelöst hatte, wäre auch Rose angelastet worden.