Doha. In WM-Gruppe B kommt es am zum brisanten Duell zwischen dem Iran und den USA. Ex-Bundesligatrainer Manuel Baum macht den Taktikcheck.

Brisanter könnte ein Spiel für die Iraner kaum sein, sportlich und politisch. Die USA gelten in der Doktrin der Islamischen Republik als der große Satan, eine Niederlage in Gruppe B wäre mehr als nur ein Misserfolg auf dem Platz. Auch sportlich könnte das Spiel historisch werden. Mit einem Sieg würde sich Iran sicher erstmals für die K.o.-Runde qualifizieren. Nach zwei Unentschieden gegen Wales (1:1) und England (0:0) brauchen die Amerikaner einen Sieg, um das Achtelfinale noch zu erreichen.

Manuel Baum, ehemaliger Bundestrainer beim FC Augsburg und Schalke 04, erklärt in seiner WM-Spielanalyse "Tiefenlauf", worauf es für beide Teams ankommen wird und wagt eine Prognose. Der 43-jährige Baum ist während der WM 2022 für Magenta TV als Analyst und Kommentator aktiv. Magenta TV zeigt alle WM-Spiele live, 16 davon exklusiv.

Manuel Baum ist bei der WM 2022 in Katar als Experte für Magenta TV im Einsatz.
Manuel Baum ist bei der WM 2022 in Katar als Experte für Magenta TV im Einsatz. © AFP

Der Iran im Taktikcheck von Manuel Baum

Iran schaffte gegen Wales den ersten Punktgewinn und gewann verdient 2:0. In der im Zentrum kompakten Grundordnung 4-3-2-1 schaffte es der Iran, Wales aus der Defensive zu locken, indem sie ihnen den Ballbesitz (32% zu 68%) überließen, obwohl dies nicht ihrer Spielmentalität entspricht. Dadurch war Wales gezwungen, das Spiel mehr in der Hälfte des Irans zu führen. Hier suchte der Iran Ballgewinne im nach außen gelenkten Mittelfeldpressing und kam nach Balleroberungen in sehr schnelles Umschaltspiel. Die Konter hatten alle ein sehr hohes Tempo und der Iran brachte Wales mehrfach in Gleich- oder Unterzahlsituationen, die in höchster Not geklärt wurden.

Grundsätzlich hat sich die Offensive mit Taremi, Gholizadeh und dem Leverkusener Azmoun gefunden und strahlt deutlich mehr Gefahr als im ersten Spiel aus. Der Iran wirkte auch stabiler im Konzept dem Gegner den Ball zu überlassen und ins Umschaltspiel zu gehen, als das Spiel komplett machen zu wollen, obwohl die Mannschaft technisch sehr stark ist und gerne Lösungen im Passspiel sucht.

Die USA im Taktikcheck von Manuel Baum

Im Spiel gegen England liefen die Amerikaner im gewohnten 4-3-3 auf. Gegen die vermeintlich favorisierten Engländer schafften sie aber mit einer mutigen Spielweise, die englische Abwehr immer wieder vor Probleme zu bringen. Die Amerikaner spielten zügig nach vorne und hatten zum Beispiel durch den Lattenschuss von Pulisic sehr gute Gelegenheiten. Die Engländer spielten eher behäbig im Aufbau und stellten in der ersten Hälfte die USA vor kaum Probleme.

Nach dem Seitenwechsel spielten die USA sehr agil bis an die Box und England verteidigte erstaunlich tief und passiv. Man muss den USA grundsätzlich die Chancenverwertung ankreiden, denn die Mannschaft betreibt einen hohen Aufwand und belohnt sich zu wenig mit Toren. Daher sind die Spiele bei der WM über sehr lange Zeiträume offen und die USA haben wenig Spielphasen, in denen sie den Gegner kommen lassen können, um Kräfte zu sparen. Das Ziel der Amis ist aber nicht die WM in Qatar, sondern die nächste WM im eigenen Land, wo das junge Team dann gereifter auftreten wird.

Die Fußballer der USA benötigen einen Sieg gegen Iran, um das WM-Achtelfinale zu erreichen.
Die Fußballer der USA benötigen einen Sieg gegen Iran, um das WM-Achtelfinale zu erreichen. © firo

Iran gegen USA: So könnte das Spiel laufen

Iran würde ein Unentschieden gegen die USA reichen, um weiterzukommen, während die USA gewinnen müssen. Aufgrund der letzten Spiele sind die USA leicht spielstärker einzuschätzen, schafften aber bisher nur zwei Unentschieden und nur ein Tor aus dem Spiel zu erzielen. Insofern müssen die USA das Spiel offensiver angehen und der Iran wird das erfolgreiche Prinzip aus dem letzten Spiel anwenden.

Ein weiterer Faktor in dem Spiel ist die politische Situation zwischen den beiden Ländern. Der Iran fiebert förmlich einem Sieg gegen den Erzfeind entgegen und das Spiel wird entsprechend aufgeladen sein. Jeder Iraner wird das Spiel vor dem Fernseher verfolgen und die Spieler haben mit einem Sieg die Möglichkeit, in ihrer Heimat gut dazustehen aufgrund der nicht gesungenen Nationalhymne im ersten Spiel. Ob die sehr junge US-Mannschaft sich dieser Dimension bewusst sein wird, ist fraglich

Iran gegen USA: So tippt Manuel Baum

Normalerweise Unentschieden 1:1, aber durch die besonderen Umstände 2:1.

Die WM-Analysen von Manuel Baum finden Sie auch hier bei Youtube.