Budapest. Auch im vierten Nations-League-Auftritt gelingt dem deutschen Team kein Erfolg. In Budapest gehen die Gäste sogar in Führung.

Jonas Hofmann kauerte auf dem Boden, das Gesicht in den Händen vergraben. Der Flügelspieler hätte der strahlende Held sein können, hätte seinem Tor noch eine Torvorlage hinzufügen können. Gemeinsam mit Timo Werner war er auf das ungarische Tor zugelaufen, doch er schoss nicht, er passte zu schwach – und so kam die deutsche Nationalmannschaft in einem zerfahrenen Spiel nicht über ein 1:1 (1:1)-Unentschieden im Nations-League-Spiel in Ungarn hinaus. Zu wenig für die deutschen Ansprüche, es war die erste Enttäuschung in der Ära von Bundestrainer Hansi Flick. Seine Mannschaft zeigte sich von Weltmeisterschaftsform noch weit entfernt und auch die angepeilte Teilnahme an der Nations-League-Endrunde wird so schwer zu erreichen sein.

Ein unangenehmes Spiel hatten die Deutschen in der Puskas-Arena von Budapest durchaus befürchtet, nicht nur auf dem Rasen: Hinter einem Tor hatte sich wie erwartet die „Carpathian Brigade“ formiert, ein stramm rechter Hooligan-Zusammenschluss, der schon bei der Europameisterschaft im Vorjahr mit homophoben und rassistischen Pöbeleien auffällig geworden war. Leon Goretzka hatte dem schwarzen Mob daraufhin im Torjubel die zum Herz geformten Hände entgegengestreckt, was dort gar nicht gut ankam. Doch die befürchtete Antwort der ungarischen Anhänger blieb weitgehend aus, nur zur Begrüßung gab es ein paar Pfiffe – aber auch nicht mehr als in jedem normalen Bundesligaspiel.

Ungarn geht schon früh in Führung

Dafür wurde es sportlich sehr schnell sehr unangenehm. Flick hatte ja angekündigt, dass dies nach England der schwerste Gegner werden würde – und der Bundestrainer sollte schneller recht bekommen als ihm lieb war: Gleich beim ersten Angriff lief Attila Viola dem deutschen Linksverteidiger David Raum davon und flankte in die Mitte, wo Nico Schlotterbeck seinen Gegenspieler Roland Sallai aus den Augen verloren hatte. Dessen Kopfball konnte Manuel Neuer noch abwehren – Zsolt Nagy wuchtete den Nachschuss ins Tor (6.).

Ein Rückstand gegen die defensivstarken Ungarn, die hinten mit einer Fünferkette agierten – das hatte Flick unbedingt vermeiden wollen. Doch statt eines langen Anrennens gab es eine schnelle Antwort: Schlotterbeck schlug einen traumhaften langen Pass, Hofmann überlief die gesamte ungarische Abwehr, legte den Ball an Torhüter Peter Gulacsi vorbei und schob ein (9.). 1:1, also alles von vorn. Wer nun aber eine Druckphase der deutschen Mannschaft erwartet hatte, sah sich getäuscht. Die Mannschaft versuchte zwar viel, aber es gelang wenig. Zu behäbig, zu umständlich, zu unpräzise waren die Aktionen, um die Ungarn wirklich zu gefährden. Laufwege und Pässe stimmten nur selten überein.

DFB-Team vergibt vor der Pause gute Chancen

Man merkte, dass die beiden Säulen Thomas Müller und Antonio Rüdiger eine Pause bekommen hatten. Vor mangelte es an Müllers Eingebungen und an Struktur, hinten immer wieder an Stabilität. Eine richtig gute Chance vergab Kai Havertz, als er vollkommen freistehend deutlich vorbeiköpfte (19.). Dann war lange nichts, bis erst Raum knapp vorbeischlenzte (40.) und Werner recht frei recht das Tor dramatisch weit verfehlte (42.).

Eine Drangphase wurde daraus nicht, auch weil im Spielaufbau die Bälle immer wieder auf hanebüchene Weise verloren gingen, weil das Pressing nicht griff wie gewohnt und die Abwehr wackelte. Nach Adam Szalais Kopfball-Verlängerung schoss Fiona aus spitzem Winkel direkt – aber Neuer rettete per Fußabwehr.

Am Dienstag in Mönchengladbach gegen Italien

Dann war Pause. Zeit, die Gedanken, die Füße und das Spiel im Allgemeinen zu sortieren. Flick verzichtete zunächst auf personelle Umstellungen – und seine Spieler verzichteten darauf, es besser zu machen als in den 45 Minuten zuvor. Immer wieder versandeten Angriffe wegen ungenauer Pässe, immer wieder musste hinten gezittert werden.

Flick brauchte mehr Inspiration auf dem Platz, und er suchte sie bei Ilkay Gündogan, der nach einer guten Stunde für den enttäuschenden Goretzka kam. Und es häuften sich die Aufreger im ungarischen Strafraum: Schlotterbeck ging bei einem Eckball nach sehr viel Kontakt mit Willi Orban zu Boden, doch Schiedsrichter José Maria Sanchez Martinez verweigerte den Pfiff (68.). Wenig später war Hofmann frei durch, doch der Pass auf den mitgelaufenen Werner geriet zu schwach und Orban klärte (72.). Das hätte der Führungstreffer sein müssen. Flick brachte auch noch Müller und Julian Brandt, später Lukas Nmecha und Karim Adeyemi – doch die gefährlicheren Szenen hatten nun die Ungarn. Am Ende war das 1:1 ein gerechtes Ergebnis – und die deutsche Mannschaft wird sich bis zum Heimspiel gegen Italien in Mönchengladbach am Dienstag (20.45 Uhr/ZDF) gehörig steigern müssen.