Paris. 14. Triumph in der Königsklasse: Real Madrid bezwingt den FC Liverpool. Jubel auf dem Rasen, doch es gab auch unschöne Szenen.

Natürlich hielt es Jürgen Klopp nicht mehr auf seinem Sitz. In Spielen wie diesen brodelt es in dem deutschen Trainer des FC Liverpool. Finale der Champions League gegen Real Madrid, das Hochamt des europäischen Fußballs, und der 54-Jährige gestikulierte mit den Armen, rief seinen Spielern ganz in Rot Anweisungen zu. Doch all das brachte nichts. Als Schiedsrichter Clement Turpin im Stade de France von Saint-Denis diesem außergewöhnlichen Europapokal-Abend ein Ende setzte, sank Klopps Kopf gen Boden, während die Madrilenen nach dem 1:0 (0:0) zu einer königlichen Party in Frankreich ansetzten. "Das muss ich erst einmal ein paar Tage sacken lassen. Es ist nie eine Selbstverständlichkeit, die Champions League zu gewinnen", sagte Reals Toni Kroos.

Mann des Abends war der Brasilianer Vinicius Junior, der in der 59. Minute die einzige Unachtsamkeit des Premier-League-Zweiten ausnutzte. Für Real Madrid, jüngst spanischer Meister geworden, war es der 14. Triumph in der Königsklasse, der nicht nur aus sportlicher Sicht lange in Erinnerung bleiben wird.

Auf so ein bedeutendes Fußballspiel bereiten sich die Hauptakteure natürlich hochprofessionell vor. Trainingszeiten, Mahlzeiten, Ruhezeiten, Warmmachzeiten werden genau abgestimmt auf die Anstoßzeit – die auf 21 Uhr festgelegt worden war. Doch die Vorbereitung der beiden Teams wurde empfindlich gestört. Vor dem Stadion spielten sich chaotische Szenen ab.

Tumulte und Tränengas - Chaos vor den Stadiontoren

Viele Liverpool-Fans standen um kurz vor 21 Uhr noch draußen. Es gibt zwei Bahnhöfe in Saint-Denis vor den Toren von Paris, an dem einen kamen aber kaum Züge an, weil die Linie bestreikt wurde. Und vom anderen Bahnhof aus wurden die Besucher durch eine sehr enge Gasse geführt. Es gab auf diesem einzigen Weg zum Stadion zu wenige Taschen-Kontrolleure – ein großes Problem. Es bildeten sich lange Schlangen rund um die Arena.

Und dann tauchten im Netz Videos auf, die zeigten, dass es Fans gab, die sich unberechtigten Zugang zum Stadion verschafften: Sie durchbrachen Ordnerketten, kletterten über die Zäune und machten damit das Chaos perfekt. Die französische Polizei reagierte hart: Übereinstimmenden Berichten zufolge setzte sie gegen die Zuschauer Tränengas ein. „Die Organisation um und im Stadion ist nicht nur eines Champions-Leagues-Finales unwürdig“, sagte der frühere Profi Marvin Matip, Bruder von Liverpools Joel Matip, bei Sky. „Tränengas in Bereichen mit Kindern und unbeteiligten Fans einzusetzen, ist gemeingefährlich.“

FC Liverpool startet stark

Die Uefa hatte zunächst Sicherheitsgründe als Erklärung für die zuerst auf 15 Minuten festgelegte Verspätung angegeben, anschließend gab es sie bekannt, es läge an dem „verspäteten Eintreffen von Fans“ und verlängerte die Wartezeit um eine weitere Viertelstunde. Erst um 21.37 Uhr ertönte der Anpfiff.

Die ersten 20 Minuten der Partie gehörten den Liverpoolern. Das Team von Jürgen Klopp spielte intensiver nach vorne, wenn auch die ersten Abschlüsse noch zu ungenau waren. In der 21. Minute gab es dann die erste Top-Chance: Liverpools senegalesischer Starstürmer Sadio Mané ließ sich auch von drei Abwehrspielern nicht aufhalten, seinen strammen Schuss lenkte der belgische Nationaltorwart Thibaut Courtois im Tor von Real Madrid mit einer starken Reaktion noch so eben an den Pfosten.

Liverpool blieb dominierend, doch als der Ball erstmals im Netz lag, hatte ihn Reals Sturmgigant Karim Benzama dort hinbefördert. Dessen Chance in der 43. Minute schien bereits vergeben zu sein, als der Ball ein zweites Mal zu ihm kam und der Franzose sofort reagierte. Doch gejubelt werden durfte noch nicht, denn der Videoassistent schaltete sich ein und entschied korrekterweise auf Abseits.

Vinicius Junior sorgt für die Entscheidung

Dass die Torlosigkeit ein baldiges Ende nehmen sollte, bahnte sich mit Beginn der zweiten Halbzeit an: Keine zwei Minuten waren gespielt, als Trent Alexander-Arnold von rechts gefährlich nach innen flankte, Luis Diaz am linken Pfosten aber auch dank der Störaktion von Dani Carvajal nicht richtig den Ball erwischte. Der FC Liverpool machte das Spiel, sollte aber wie schon beim Ausklang der ersten 45 Minuten von den Madrilenen schockiert werden. Mit dem feinen Unterschied: Diesmal war der Treffer der Königlichen real. Fede Valverde sorgte auf der rechten Angriffsseite für Entlastung; ohne entschieden angegriffen zu werden, konnte er den Ball nach innen bringen, wo Alexander-Arnold den weiß gekleideten Vinicius Junior aus den Augen verlor. Der Brasilianer drückte den Ball zum 1:0 (59.) über die Linie.

Liverpool musste jetzt also noch mehr in die Offensive investieren. Trainer Jürgen Klopp, Königsklassengewinner von 2019, wehrte sich gegen die dritte Finalpleite (2013 mit Dortmund, 2018 mit den Reds), peitschte seine Spieler nach vorne. Das Kaugummikauen brachte Real-Trainer Carlo Ancelotti dagegen kaum Entspannung: Angriff um Angriff trugen die Engländer vor, fanden aber in einem Belgier ihren Meister. Courtois einmal gegen Salah (69.), zweimal gegen den Ägypter (82.), dazwischen noch einmal gegen den eingewechselten Diogo Jota (80.) – der zwei Meter große Schlaks war an diesem Abend nicht von den Reds zu bezwingen. Da machte es auch nichts, dass Real seine Konter meist schludrig beendete: Den Sieg, den Vinicius einleitete, hielt Courtois fest. Europas Fußball-Könige kommen mal wieder aus Madrid.