Peking. Das Frühstück im Hotel ist die perfekte Gelegenheit, um seine Zimmernachbarn zu beobachten. Was unser Reporter herausgefunden hat.

Nach gut zwei Wochen in China kann ich Journalisten aus aller Welt ihrer Herkunft zuordnen. Nation für Nation – es ist ein Kinderspiel. Die empirische Grundlage für eine unfehlbare Analyse wurde gewonnen im Beobachtungslabor Frühstückssaal. Die einzelnen Spezies sind:

Der Amerikaner: Typ Sonnyboy, taucht morgens in unserem vornehmen Hotel in T-Shirt, Surfershorts und Flip-Flops auf. It’s cool man, it’s cool man. Hat aber scheinbar noch nie etwas von einer Herzverfettung gehört, so wie er stapelweise die Baconscheiben neben dem Rührei abtransportiert. Schon sehr speziell.

Der Kanadier: Trägt Komplexe aus der Heimat mit nach China und verzieht sich immer in die gleiche Ecke der morgendlichen Futterarena, weit weg von den südlichen Nachbarn. Tritt in Eishockeymannschaftsstärke am Stand mit Pancakes und Ahornsirup auf und sorgt dort für einen Stau, wie es ihn sonst derzeit nur durch die Trucker an der Grenze zwischen den USA und Kanada gibt.

Der Chinese: Friert schon, wenn er das kuschelige Bett verlässt. Deshalb schon bei der Erstspeisung von Ohrläppchen bis Knöchel in dicken Daunen eingepackt. Holt sich die Wärme aber von innen: Süppchen mit Wan-Tans, Gemüse und alter Omma. Ist nichts Menschenverachtendes, sondern der Name für die höllisch scharfe Chilisauce Lao Gan Ma. Für mich nur, wenn ich danach nichts mehr vor habe.

Der Italiener: Verzichtet morgens auf die Sonnenbrille, macht aber auch so am Frühstücksbuffet eine Bella Figura. Immer wie aus dem Ei gepellt, um später die Goldmedaille fürs beste Omelett zu verleihen.

Der Schweizer: Arbeitet vor allem als Zeitnehmer für einen teuren Uhrenhersteller. Isst morgens so pünktlich, dass er meistens schon weg ist, wenn ich mir den ersten Orangensaft genehmige.

Und der Deutsche? Was die anderen über mich denken, will ich lieber gar nicht wissen…