Karlsruhe. Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Der DFB darf Vereine zur Kasse bitten, wenn Fans etwa Pyrotechnik zünden.

Der DFB atmet auf, doch Teile der Fans sind verärgert: Mit der Bestätigung der gängigen Praxis im Umgang mit Fehlverhalten auf den Rängen hat der Bundesgerichtshof (BGH) für erhitzte Gemüter gesorgt. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) darf weiterhin Geldstrafen gegen Vereine verhängen, wenn sich deren Anhänger im Stadion daneben benehmen. Das entschied der BGH in Karlsruhe am Donnerstag und wies damit eine Beschwerde des Regionalligisten Carl Zeiss Jena zurück.

Das Vorgehen des DFB verstoße nicht gegen die öffentliche Ordnung, hieß es. Geldstrafen seien „als präventive Maßnahme“ einzuordnen und stellen „keine strafähnliche Sanktion dar“, vielmehr solle sie „den künftigen ordnungsgemäßen Spielbetrieb sichern“, urteilte der BGH. Vereine sollten dadurch angehalten werden, „zukünftig alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um mäßigend auf ihre Anhänger einzuwirken und so künftige Zuschauerausschreitungen zu verhindern“.

DFB sieht sich bestätigt

Der DFB sieht sich „uneingeschränkt in seiner Auffassung bestätigt“, wie Interimspräsident Rainer Koch mitteilte. Es sei „abschließend und zweifelsfrei sichergestellt, dass die DFB-Rechtsorgane einerseits ihre Arbeit auf der Basis der Richtlinie für die Arbeit des DFB-Kontrollausschusses uneingeschränkt fortsetzen“, sagte er, „und dass sie andererseits die Unterstützung und Mitwirkung der Vereine, die anders als der DFB den Zugang zu ihren Anhängern haben, zur Sicherung eines störungsfreien Spielbetriebs einfordern können.“

Wegen drei Pyrotechnik-Vorfällen war Jena im Jahr 2018 vom DFB-Sportgericht zu einer Geldstrafe in Höhe von rund 25.000 Euro verurteilt worden, der damalige Drittligist wehrte sich dagegen. Die Klage vor dem zuständigen Oberlandesgericht blieb ohne Erfolg. In der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB ist vorgesehen, dass die Vereine im Stadionbereich „vor, während und nach dem Spiel für Zwischenfälle jeglicher Art“ haften.

Jenas Geschäftsführer Chris Förster zeigte sich „enttäuscht“ über das Urteil. „Es fühlt sich für uns schon wie eine Strafe an. Wenn es uns als Verein wirklich als Prävention zur Verfügung stehen würde, fänden wir das besser“, sagte er dem SID: „Diese Geldstrafen sind für Vereine, egal ob klein oder groß, empfindlich und nicht geringfügig.“ Der Klub prüft eine mögliche Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht.

Fan-Vertreter ärgern sich

Der Dachverband der Fanhilfen bezeichnete die Entscheidung als „fatales Signal für Fanrechte“ und übte scharfe Kritik. „Das ist Sippenhaft, wie wir sie nur aus dem Mittelalter kennen und zeigt eindeutig, dass das Verteilen von Kollektivstrafen mit der Gießkanne unverhältnismäßig ist“, sagte Sprecher Danny Graupner. Seit Jahren protestieren organisierte Fangruppen gegen solche Sanktionen bei Fehlverhalten einzelner Personen.

Vereine können sich das Geld für die Strafen von den Fans erstatten lassen. Dies geht aus einem früheren BGH-Urteil hervor. Dazu müssen die entsprechenden Zuschauerinnen und Zuschauer aber zunächst identifiziert werden. Dass der BGH „auch die unverhältnismäßige Weitergabe der Verbandsstrafen auf einzelne Fußballfans billigt, können wir nicht nachvollziehen“, sagte Graupner. (sid)