Leverkusen. Junge Spieler, viel Potenzial, aber noch viel Arbeit: Leverkusens Trainer Gerrardo Seoane bittet um Geduld. Doch der Frust wächst.

Von der weiteren Wochenendgestaltung hatten beide Übungsleiter nach dem Samstagnachmittagspiel in der BayArena klare Vorstellungen. „Die Mannschaft braucht einen freien Tag“, lautete eine Erkenntnis von Leverkusens Trainer Gerardo Seoane, nachdem seine einstigen Überflieger auch das fünfte Spiel in Folge nicht gewonnen hatten. Während der Kollege Florian Kohfeldt einen anderen Plan verfolgte. „Wir haben keinen freien Tag bis Dienstag, werden durchtrainieren“, kündigte der neue Dompteur der Wolfsburger nach dem 2:0 bei Bayer an. Denn: „Wir haben nicht viel Zeit.“

Bayer-Trainer Gerardo Seone muss Aufbauarbeit leisten

Bereits am Dienstag kommt schließlich Salzburg in der Champions League zu Besuch – Leverkusen dagegen hat bis zur Partie in der Europa League gegen Betis Sevilla zwei Tage mehr Zeit. Positiv in der aktuell komplizierten Gemengelage an der Dhünn ist dabei, dass sowohl die Andalusier wie auch die Rheinländer in ihrer Gruppe auf gutem Weg sind, im internationalen Geschäft zu überwintern. Gerade Bayers Kickern nimmt diese Ausgangslage vor dem Duell in der eigenen Arena ein wenig den Druck von den zuletzt sichtbar gesenkten Schultern.

Leverkusens Trainer Gerardo Seoane musste sich nach dem fünften sieglosen Pflichtspiel Pfiffe der Zuschauer gefallen lassen.
Leverkusens Trainer Gerardo Seoane musste sich nach dem fünften sieglosen Pflichtspiel Pfiffe der Zuschauer gefallen lassen.

„Der Staff und ich werden zusehen, der Mannschaft das notwendige Selbstbewusstsein einzuflößen“, kündigte Seoane nach der dritten Niederlage im fünften Liga-Heimspiel der Saison jedenfalls psychologische Aufbauarbeit an. Damit begann der Schweizer auch gleich vor Ort – indem er den Scheinwerfer von der aktuellen sportlichen Misere weg- in Richtung jüngere Vergangenheit drehte.

Leverkusener Hochgefühl in Rekordzeit verflogen

„Wir haben zu Beginn der Saison tolle Spiele gesehen. Die Mannschaft kann es, sie hat das Talent“, betonte Seoane und nannte zur Stützung seiner These auch Partien aus dem insgesamt wenig erfreulichen Monat Oktober: Etwa das Hinspiel bei Betis Sevilla (1:1), oder die erste Halbzeit beim 2:2 vor acht Tagen in Köln – in der sein Team trotz der 2:0-Pausenführung auf fahrlässige Weise eine höhere Führung verpasst und so stimmungsmäßig den Boden für die nachfolgenden Pleiten gegen Zweiligist Karlsruhe im Pokal und nun gegen Wolfsburg bereitet hatte.

Das Hochgefühl aus der Anfangsphase der Runde ist zuletzt in Rekordzeit verflogen, auch bei den Fans. Angesichts der wüsten Pfiffe ihrer Anhänger nach der Pleite gegen das Kohfeldt-Team wollten die Leverkusener den üblichen Gang vor die Nordkurve zunächst gar nicht antreten. Erst mit einer verzweifelt und etwas ratlos wirkenden Geste scheuchte Kapitän Lukas Hradecky seine Teamkollegen zur erbosten Gefolgschaft, mit der Bayers Schlussmann dann auch ein paar Worte wechselte. „Ich habe Verständnis für die Reaktion der Fans nach dem Spiel“, äußerte Augenzeuge Seoane – der den gemeinsamen Gedankenaustausch auch gut fand, zugleich aber warnte: „Das sollte nicht die Regel werden. Wir wissen nämlich, dass wir es besser können – und es ist unser Job, das wieder zu zeigen.“

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Sein Wolfsburger Pendant genoss derweil den gelungenen Einstand am neuen Arbeitsplatz. Florian Kohfeldt vergaß dabei aber nicht, die Schwächen im Positionsspiel seiner Mannschaft und „fairerweise“ auch die personellen Engpässe beim Gegner zu benennen.

Von Anpfiff wieder mit dabei war nach seinem Teilzeiteinsatz im nationalen Cup gegen Karlsruhe Jungstar Florian Wirtz. Akzente setzte der 18-Jährige gegen Wolfsburg allerdings keine. Chefcoach Seoane hatte hinsichtlich der Entwicklung seines Teams jüngst um Geduld – gerade mit den jungen Spielern – gebeten. Dieses Thema griff Robert Andrich (27) nun auf. „Man spricht immer viel davon, wie viel Potenzial wir haben. Situationen wie jetzt sind gerade für unsere jungen Spieler aber auch super wichtig“, erwähnte der Neuzugang von Union Berlin – der in der Nacht auf Samstag Vater geworden war und vor der Rückkehr ins Krankenhaus zum Übernachten an seine jüngeren Mitspieler appellierte: „Sie müssen versuchen, ihren Mann zu stehen und nicht den Schwanz einzuziehen.“