Duisburg. . Im ersten Länderspiel des Kalenderjahres 2021 siegt Deutschland souverän mit 3:0. Vor allem die Bayern-Spieler können überzeugen.

Ganz ruhig stand Joachim Löw an der Seitenlinie, die Hände lässig in den Taschen. Im ersten Spiel, nachdem er seinen Abgang nach der Europameisterschaft angekündigt hatte, sah der Bundestrainer einen souveränen, phasenweise glänzenden Auftritt seiner Mannschaft – und einen ungefährdeten 3:0 (2:0)-Sieg gegen Island. Der bringt nicht nur Selbstvertrauen für das Turnier im Sommer, sondern auch die ersten drei Punkte in der Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2022 in Katar.

Hektisch war es bei der deutschen Nationalmannschaft nur vor dem Spiel zugegangen. Zwischenzeitlich schien sogar fraglich, ob die Partie überhaupt stattfinden könnte: Gut neun Stunden vor Anpfiff kamen die Ergebnisse der Corona-Tests vom Vorabend – und der von Jonas Hofmann war positiv. Die Vorbereitung auf das Duell mit den Isländern hatte das zumindest kurzzeitig durcheinandergewirbelt: Der Gladbacher musste sofort abgesondert werden, der Rest der Spieler auf den Zimmern bleiben. Das Gesundheitsamt wurde informiert und die gesamte Mannschaft, die Trainer und der Betreuerstab mit Antigen-Schnelltests durchgetestet. Erst als alle negativ waren, durfte die Mannschaft zum obligatorischen Anschwitzen – und später gab das Gesundheitsamt auch Grünes Licht für das Länderspiel am Abend.

DFB-Team setzt schon vor dem Anpfiff ein Zeichen

Nur nicht für Marcel Halstenberg: Dem Linksverteidiger wurde ein Brettspiel zum Verhängnis, er hatte Backgammon mit Hofmann gespielt – mit FFP2-Masken zwar, aber nach Informationen dieser Redaktion länger als 15 Minuten. Er wurde daher als Kontakt der Kategorie 1 klassifiziert und musste in Quarantäne. „Diese Nachricht ist natürlich so kurz vor dem Spiel bitter – für die Trainer und die gesamte Mannschaft“, sagte Oliver Bierhoff. Der DFB-Direktor verbreitete dennoch Zuversicht. „Wir sind guter Dinge, dass es bei diesem einzigen Fall bleiben wird, da wir bislang alle Hygienemaßnahmen sehr diszipliniert durchgeführt haben.“ Vor dem Abflug nach Rumänien am Samstag wird die gesamte Reisegruppe außerdem zusätzlichen PCR- und Schnelltests unterzogen.

Neben Halstenberg fehlte der angeschlagene Robin Gosens und damit auch der zweite gelernte Linksverteidiger. Der Dortmunder Emre Can musste aushelfen. Vorne verzichtete Bundestrainer Joachim Löw freiwillig auf einen echten Mittelstürmer, Leroy Sané, Serge Gnabry und Kai Havertz bildeten ein flexibles Dreiergespann, das permanent über den Platz wirbelte und nur einmal stillstand: als die deutsche Mannschaft mit weißen Buchstaben auf ihren schwarzen Shirts den Schriftzug „Human Rights“ bildete, also Menschenrechte – ein schöner Gruß in Richtung des WM-Gastebers Katar.

Danach wurden die Zeichen auf dem Platz gesetzt, die deutsche Mannschaft war sichtlich gewillt, das 0:6 gegen Spanien beim bislang letzten Auftritt vergessen zu machen. Obwohl sich die Isländer mit einer Fünfer- und gleich davor einer Viererkette am eigenen Strafraum verrammelten, fanden die deutsche Spieler Räume und spielten diese schnell und präzise an. Joshua Kimmich lupfte den Ball über alle Abwehrspieler hinweg, Gnabry legte zurück und Goretzka schoss ein – das 1:0 nach nicht einmal drei Minuten.

Mannschaft hat die erhoffte Reaktion gezeigt

Und rasant ging es weiter: Kimmich überspielte mit einem Pass aus dem Mittelkreis die gesamte gegnerische Abwehr, Sané legte von der linken Seite zurück und Havertz traf überlegt ins lange Eck (7.). Eine derart schnelle 2:0-Führung hatte eine deutsche Nationalmannschaft zuletzt 2013 beim 4:2 gegen Ecuador herausgeschossen.

Danach allerdings erlahmte der Schwung, das deutsche Spiel wurde schludriger, Island kämpfte sich ein wenig besser in die Partie – und kam recht unverhofft zu einer richtig guten Chance: Lukas Klostermann ließ sich von Jon Bödvarsson düpieren, nach dessen Pass schoss Runar Sigurjonsson, Antonio Rüdiger sprang dazwischen – und der Ball strich hauchzart am langen Pfosten vorbei (27.).

Es sollte eine Szene mit Seltenheitswert bleiben, die deutsche Mannschaft kontrollierte das Spiel klar, wurde aber nur noch über Fernschüsse gefährlich – meist durch den überragenden Kimmich, der jede Diskussion beendete, ob er als Rechtsverteidiger vielleicht besser besetzt sein könnte als im Mittelfeld. Letzte Zweifel am Auftaktsieg beseitigte Ilkay Gündogan, der von der Strafraumgrenze zum 3:0 traf (56.). Löw konnte so ohne Bedenken dem 18-jährigen Talent Jamal Musiala zum zehnminütigen Länderspieldebüt verhelfen. Das vom Bundestrainer geforderte Signal hatte seine Mannschaft gesetzt – und in dieser Form dürften auch die kommenden Gegner Rumänien (Sonntag) und Nordmazedonien (Mittwoch, beide 20.45 Uhr/RTL) keine große Schwierigkeit darstellen.