Gizeh. Das Thema Corona nervt Handball-Bundestrainer Gislason. Das finale Gruppensiel gegen Ungarn ist nun die erste Bewährungsprobe der WM.

Es gibt die Momente, da setzt sich Paul Drux auf den Balkon seines Hotelzimmers und blickt auf eines der sieben Weltwunder. Sie stehen da, nur wenige Kilometer entfernt, die Pyramiden von Gizeh. „Das ist schon komisch“, sagt der deutsche Nationalspieler. „Sie sind so nah, und doch so weit weg.“

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Es ist eine komische Handball-WM, daran gibt es keine Zweifel. An diesem Dienstag (20.30 Uhr/ZDF) wird Deutschland gegen Ungarn spielen. Es sollte das dritte Vorrundenspiel des Teams von Bundestrainer Alfred Gislason in Ägypten sein, faktisch ist es aber erst das zweite, nachdem die Partie gegen Kap Verde wegen mehrerer Coronafälle beim Gegner abgesagt wurde. „Ich war enttäuscht“, sagt Gislason. „Wir hatten uns gut vorbereitet und hätten noch einmal personell und taktisch einiges ausprobieren können.“

Die Spielabsage passte zu dieser WM. Diesem Turnier, das Weltverbandspräsident Hassan Moustafa als goldenen Abschluss seiner Amtsjahre in sein Heimatland holte. Erstmals ausgetragen mit 32 Mannschaften als Mammutturnier, durch das auch Handball-Exoten wie den USA, Angola und Togo das Spiel mit dem harzverklebten Ball schmackhafter gemacht werden sollte.

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Kap Verde hat die Mannschaft zurückgezogen

Derzeit überschattet das Thema Corona jedoch alles. Die USA und Tschechien konnten aufgrund vieler Infektionen erst gar nicht anreisen, mit der Kap-Verde-Partie gegen Deutschland folgte die erste Spielabsage, gestern zogen die Afrikaner ihr Team zurück. Der Bundestrainer gibt unumwunden zu: „Das Thema Corona nervt. Ich möchte mich nur noch auf Handball konzentrieren.“

Die Normalität, so schien es in den Anfangstagen der WM, ist so weit weg und doch kommt sie nun langsam näher. Corona-Tests diktieren weiter den Tagesablauf, doch immerhin hat sich nach Beschwerden der Teilnehmer in den Hotels einiges getan. Die langen Schlangen von Spielern verschiedener Nationen am Buffet sind Geschichte, jedes Team isst mittlerweile separat, die mitgereisten Teamköche dürfen nun ihrer Arbeit nachgehen, und Straßensperren gewährleisten den Teambussen eine schnellere Fahrt zu den Sporthallen. Einiges wurde schnell korrigiert“, sagt Gislason, dessen Spieler auch keinen Lagerkoller fürchten: „Wir haben die Dartsscheibe aufgebaut und Kartenspiele“, sagt Paul Drux.

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Deutsche Mannschaft kann Hotel nicht verlassen

„Es gibt viel zu tun für den Bundestrainer. Da waren in den jüngsten Tagen die EM-Qualifikationsspiele gegen Österreich und das erste WM-Spiel gegen Uruguay. Spiele gegen internationale Leichtgewichte, die erste Erkenntnisse brachten, aber keine Gewissheit, wo dieses neuformierte Team sportlich steht. Der erste Härtetest, die Standortbestimmung – das wird nun Ungarn sein.

über die Freizeitaktivitäten des Teams, das die Pyramiden zwar sehen kann, das Hotel aber nicht verlassen darf. Alfred Gislason ist ohnehin dafür bekannt, in die taktischen Tiefen seines Sports zu tauchen, Pyramiden hin, Corona her.

Kreisläufer Miklos Rosta zählt zu den Stützen in Ungarns Team.
Kreisläufer Miklos Rosta zählt zu den Stützen in Ungarns Team. © afp

Der EM-Neunte des vergangenen Jahres setzt am Kreis auf Bence Banhidi und Miklos Rosta, zwei Brocken mit je über zwei Metern Körpergröße. Eine Herausforderung für das neue deutsche Abwehrzentrum Johannes Golla und Sebastian Firnhaber. Kann dieses für das deutsche Spiel enorm wichtige Duo wirklich aus dem Schatten der daheimgebliebenen Routiniers Patrick Wiencek und Hendrik Pekeler treten?

Sieg über Ungarn würde wichtige Punkte bringen

„Unsere Abwehr muss noch aggressiver nach vorne gehen, denn Ungarn verfügt über mehrere großgewachsene Rückraumspieler, die über unsere Deckung werfen können“, sagt Gislason. Ohnehin ist das Spiel für den Turnierverlauf bedeutend, auch wenn Deutschland und Ungarn bereits für die Hauptrunde qualifiziert sind. Die in der Vorrunde erspielten Punkte zählen auch in der nächsten Turnierphase. „Es geht um extrem wichtige Punkte. Denn man sieht ja: Keiner ist wirklich im Rhythmus, derzeit kann jeder jeden schlagen“, sagt Gislason über diese komischen Tage, über die komischen Umstände – über diese komische WM.