Düsseldorf. DFB-Präsident Fritz Keller will den Verband und die Nationalelf wieder nahbarer machen. Er wünscht sich unter anderem frühere Anstoßzeiten.

Eine unschöne Erfahrung hat Fritz Keller schon machen müssen in seinem neuen Amt: „Ich habe nicht gewusst, dass ich weniger Fußballspiele angucken darf als vorher“, sagt der noch immer recht neue Präsident des Deutschen Fußball-Bundes beim Sportmarketingkongress Spobis in Düsseldorf. Der 62-Jährige sagt es mit einem Lächeln, er hat ja schon Spaß an der Aufgabe, die er seit November innehat.

Erster Mann im deutschen Fußball, Präsident des größten Einzelsportverbands mit über sieben Millionen Mitgliedern – das ist einerseits eine sehr fordernde Aufgabe. „Ich bin happy, wenn ich mal zwei Tage im gleichen Hotel schlafe“, erzählt er und räumt im gleichen Atemzug ein, dass er „noch lernen muss, ein bisschen mehr zu delegieren und nicht alles selbst zu machen“.

DFB-Präsident Keller ist fußballverrückt

Aber es ist auch eine Aufgabe, die Keller gerne macht, für die er den eigenen Winzer- und Restaurantbetrieb gerne in die Hände seiner Frau und seines Sohnes gelegt hat. Weil er durch und durch fußballverrückt ist. Und weil er glaubt, dass sich über den Fußball wichtige Botschaften und Werte vermitteln lassen. „Ich fühle mich als Cheflobbyist für jene, die viermal pro Woche Mädels und Jungs von der Verblödung durch einen Bildschirm abhalten“, sagt er in seiner typisch jovialen Art. Also für die vielen Ehrenamtlichen in seinem Sport. 1,5 Millionen Spiele pro Saison, 80.000 Partien pro Wochenende – Keller ist formal zwar nur für die Elite zuständig, aber er kann die für die Amateure relevanten Zahlen allesamt herunterrattern.

"Will alles in Teamarbeit machen": DFB-Präsident Fritz Keller © dpa

Rentenpunkte für Ehrenamtler, weniger Schwierigkeiten in Haftungsfragen für Vereinsvorstände und Änderungen am Lärmemissionsgesetz – darüber will der Funktionär mit der Politik ringen. „Es ist doch katastrophal, wenn um neun Uhr aufgehört werden muss zu trainieren oder in Paderborn nach zehn Uhr kein Tor geschossen werden darf, weil man dann sofort Ruhestörung hat“, meint er.

Stehplätze für 15 Euro beim Spiel gegen Italien

Aber auch im eigenen Verband gilt es, Veränderungen anzustoßen, sonderlich gut angesehen ist der DFB nach vielen Affären der Vergangenheit nicht. Und mit der Nationalmannschaft tut er sich schwer, die Stadien zu füllen. Da will der neue Mann ansetzen: fanfreundlichere Anstoßzeiten als nur am späten Abend und auch preiswertere Tickets. „Fußball ist für jedermann“, erklärt Keller. Beim Länderspiel gegen Italien in Nürnberg Ende März wird es erstmals Stehplätze geben, die 15 Euro kosten – und fünf Euro für Kinder.

Und dann soll ja nebenbei der Verband reformiert werden, der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb wird ausgegliedert in eine GmbH. „Wir müssen transparenter sein, schneller sein, Good Governance, Controlling und alles, was in normalem Unternehmen wichtig ist, einführen“, fordert er.

DFB-Vizepräsident Koch ist bestens vernetzt

Das aber heißt auch: Keller ist der machtloseste Präsident, den der Verband in vielen Jahren gehabt hat. Für die GmbH wird der bisherige Generalsekretär Friedrich Curtius zuständig sein, für die Nationalmannschaft Oliver Bierhoff, für die internationale Vertretung der mächtige und bestens vernetzte Vizepräsident Rainer Koch. Und die Richtlinienkompetenz des Präsidenten wurde aus der Satzung gestrichen.

Keller stört das nicht – sagt er: „Ich bin nicht der Löwe, der alle anderen wegbeißt“, beteuert er. Und: „Eine One-man-show habe ich immer abgelehnt, ich will alles in Teamarbeit machen.“ Dann nämlich „gewinnt die Vernunft, da braucht man die besseren Argumente.“ Mehr als alle seine Vorgänger muss Keller durch die Macht seiner Worte wirken. Denn die haben Kraft des Amtes zumindest öffentlich deutlich mehr Gewicht als die eines Koch oder Curtius.

Ambitioniertes Ziel bei der EM 2020

Und Keller scheut es zumindest nicht, auch einmal unbequem zu sein: Als Ziel für die Europameisterschaft hat er das Halbfinale ausgegeben, was deutlich ambitionierter als die bislang gepflegte „Wir sind im Umbruch und müssen erstmal schauen“-Kommunikation der sportlichen Führung. Bundestrainer Joachim Löw soll nicht allzu begeistert gewesen sein.

Auch in Düsseldorf fällt so ein Satz, der in Richtung des Bundestrainers geht: „Das hört der eine oder andere vielleicht nicht gerne, aber wir sollten gelegentlich auch öffentliche Trainingseinheiten machen“, fordert Keller. „Wir müssen eine Balance finden zwischen sportlichem Anspruch und Volksnähe.“

Es ist, wenn man so will, das Motto, das bislang über der noch kurzen Amtszeit Kellers steht.