Trondheim. Deutschland hat bei der Handball-EM gegen Spanien enttäuscht. Die Niederlage lässt ernüchtert auf die kommenden EM-Tage blicken.

Es war eine Mischung aus Wut und Entschlossenheit, mit der die Spieler der deutschen Handball-Nationalmannschaft das Spielfeld verließen. Jene Fläche mit den zwei Toren im norwegischen Trondheim, auf der sie just einen herben Dämpfer im zweiten Vorrundenspiel der EM erlebt hatten. 26:33 (11:14) hatten sie gegen Titelverteidiger Spanien verloren.

Es war ein erstes Schlüsselspiel dieses Wettbewerbs, und die Höhe, die Art und Weise der Niederlage, lassen erheblich ernüchtert auf die kommenden EM-Tage blicken. „Wir sind enttäuscht über unsere Leistung. Wir haben über 60 Minuten keine Lösungen gefunden“, sagte Bundestrainer Christian Prokop sichtbar niedergeschlagen.

Damit ist bestens zusammengefasst, was sich da am Samstagabend vor 6558 Zuschauern ereignet hatte. Sein Team hatte sich so viel vorgenommen gegen die Spanier, wollte sich mit einem Sieg eine gute Ausgangslage für die Hauptrunde in Österreich erkämpfen. Nun wird der Weg ein ganzes Stück steiniger.

Werden die Deutschen nun, der Pflichtsieg gegen EM-Neuling Lettland am Montag (18.15 Uhr/ZDF) vorausgesetzt, doch punktlos in die Hautrunde gehen, was angesichts des möglichen Aufeinandertreffens mit starken Kroaten in Wien eine schlechte Ausgangslage im Kampf um das Halbfinale in Schweden ist. „Wir hatten uns einiges vorgenommen. Aber sicherlich nicht das“, sagte auch Kreisläufer Patrick Wiencek kopfschüttelnd. „Bei den Spaniern hat fast alles geklappt, bei uns kaum etwas.“

Handballer scheiterten an Spaniens Torhüter

Ebenfalls eine gute Zusammenfassung. Denn tatsächlich gelang dem deutschen Team zunächst nichts, immer wieder scheiterte es an Spaniens Torhüter Gonzalo Perez de Vargas. Der 29-Jährige wehrte Würfe von Uwe Gensheimer, Kai Häfner und Patrick Wiencek ab. Es war eine absurde Situation: Fünf Minuten waren gespielt und noch kein Tor gefallen, weil auch Andres Wolff seinen Kasten vernagelte.

Dann aber traf Alex Dujshebaev und löste damit eine spanische Torlawine aus. Nach dem Ausgleich von Gensheimer zum 1:1 zog Spanien auf 6:1 davon. Ballverluste durch schlampige Pässe, Fehlwürfe – das deutsche Team leistete sich einfach zu viele Fehler. Bestraft wurden diese durch Zaubertore der Spanier, etwa als Dujshebaev die Kugel artistisch an Wolff zum 7:2 (12.) vorbeidrehte.

„Wir rechnen uns durchaus etwas aus. Es gibt einen Plan“, hatte Christian Prokop noch am Vortag gesagt. Doch der griff nur bedingt. Prokop stellte die Abwehr um, brachte Philipp Weber als Spielmacher und beorderte Paul Drux auf die linke Seite (8.), schließlich wechselte er den 2007er-Weltmeistertorhüter Johannes Bitter für Wolff ein (11.). Nach 14 Minuten lag sein trotzdem 3:9 zurück. Die deutschen wirkten ratlos gegen Spaniens offensive Deckung, was der amtierende Europameister da auf dem Feld veranstaltete, wirkte dagegen locker und unangestrengt.

Pekeler: "Eine Katastrophe"

Doch plötzlich fing sich das Prokop-Team. Weber legte mit dem Treffer zum 4:9-Anschluss los, Gensheimer, Drux, Hendrik Pekeler und Julius Kühn trafen – ein 5:0-Lauf, es stand nur noch 9:10 aus Sicht der Deutschen (22.). Und dann? Legten die Spanier einen Lauf hin, Gensheimer scheiterte per Siebenmeter an Perez de Vargas, Drux und Häfner feuerten den Ball übers Tor – durch eigene Fehler ließen sie den Titelverteidiger wieder davonziehen. Trotzdem: 11:14 zur Halbzeitpause, noch war alles drin.

Das sollte es phasenweise auch im zweiten Durchgang sein. Es blieb eng, Timo Kastening brachte sein Team nach einem erneuten Fehlstart per Gegenstoß wieder auf 15:18 heran (38.), Tobias Reichmann verkürzte per Siebenmeter auf 16:18 (40.). Es waren Phasen der Hoffnung, die aber nur kurz währten. Spanien spielte zu dominant, zu abgezockt, voller Erfahrung.

„Das Ergebnis ist eine Katastrophe. Uns hat die Galligkeit, die Emotion gefehlt“, sagte Kreisläufer Pekeler mit Blick auf jene Phase. Als der bullige Jorge Maqueda zum 25:18 für Spanien traf (44.), war die Partie vorentschieden, der deutsche Kampfgeist war gebrochen, das Selbstvertrauen wie ausgeknipst. Am Ende wurde es deutlich. Sogar richtig deutlich…

Bundestrainer Prokop redet Klartext

„Die Spanier waren uns in allen Bereichen überlegen. Wir haben in der Abwehr inklusive Torhüter nicht das gezeigt, was man in so einem Spiel braucht“, sagte Prokop. „Wir waren im Tunnel, eigentlich hatte ich anfangs ein gutes Gefühl. Anscheinend aber waren wir aber zu sehr im Tunnel“, sagte Torhüter Johannes Bitter, der den Blick wie auch Jannik Kohlbacher (“abhaken“) und Patrick Wiencek („es geht weiter“) nach vorne richtete: „Wir können und ärgern, wir müssen uns ärgern. Aber jetzt kommt Lettland.“

Uwe Gensheimer hatte den Kopf in den Händen vergraben, als er zum Abschluss des Debakels auf der offiziellen Verbands-Pressekonferenz auftauchen musste und den Ausführungen seines Trainers zuhörte. Er redete nur kurz. „Es ist alles gesagt.“