Mexiko-Stadt. Lewis Hamilton machte beim Mexiko-Sieg als Fahrer den Unterschied gegenüber Ferrari. Der Brite benötigt nur noch vier Punkte zum Titel.

Na also, Rennfahrer, die von Berufs wegen ja zu einer gewissen Egomanie neigen, sind doch beziehungsfähig. Dauerhaft sogar. Seit sieben Jahren heißt der Mann an der Seite von Lewis Hamilton, dem bald sechsmaligen Formel-1-Weltmeister, Peter Bonnington. „Er ist mein Vertrauter Nummer eins, noch nie hatte ich eine so lange Verbindung mit einem Techniker“, sagt Hamilton. Der Renningenieur tüftelt das Set-Up aus, kennt die Vorlieben des Fahrers, ist wie ein Marionettenspieler. Vor allem aber der Mann, dessen Stimme über Boxenfunk den Fahrer beruhigt oder aufstachelt.

Ausgerechnet beim Großen Preis von Mexiko am Sonntag aber musste Bonnington wegen einer Operation zu Hause in England bleiben, deshalb schickte er seinem Partner vor dessen Rennen per Mobiltelefon eine SMS zur weiteren Beruhigung. Bonningtons Job, im Fall des Sieges über Funk zu gratulieren, übernahm Performance-Ingenieur Marcus Dudley. Dessen Erleichterung über Hamiltons Triumph in Mexiko-Stadt entlud sich in einem langgezogenen „Yeeeessssss“ nach der Zieldurchfahrt, die dem Titelverteidiger den zehnten Saisonsieg und Mercedes den 100. Sieg der Grand-Prix-Historie brachte: „Was für ein Rennen, was für ein Job!“ Hamilton dankte allen, aber besonders einem: „Dieser Sieg ist für Bono!“ Ein weiterer Beweis dafür, wie ausgeglichen stark Mannschafts-Weltmeister Mercedes ist – und wie sehr der WM-Spitzenreiter Sicherheit sucht und schätzt.

Bottas verspielt seine dünne Chance

Es sind jetzt insgesamt mehr als 500 WM-Punkte, die das Silberpfeil-Team auf dem Konto hat. Beeindruckend, aber es kommt nur noch auf jene vier Pünktchen an, die Hamilton am Wochenende in Austin/USA benötigt, um zum dritten Mal in Folge und zum sechsten Mal überhaupt Weltmeister zu werden. Der einzige Widersacher Valtteri Bottas hatte mit seinem Qualifikations-Crash am Samstag seine dünne Chance verspielt und liegt nach Platz drei 74 Punkte zurück. Hamilton reicht in Texas ein achter Rang.

Zweiter Matchball Hamilton, dabei hat schon dieser Gran Premio gezeigt, warum der 34-Jährige erneut der beste Fahrer der Welt ist. Zweimal konnte er sich am Start aus haarigen Situationen mit Ferrari-Pilot Sebastian Vettel, der am Ende Zweiter wurde, und dem Trotzkopf Max Verstappen im Red Bull winden, dann musste er gegen seinen Willen früh an die Box und einen Reifenmarathon starten.

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Schumachers Rekord wackelt

Ach ja, und nebenbei noch die Führung über zwei Drittel der Renndistanz verteidigen. Selbst Mercedes-Teamchef Toto Wolff zweifelte an dem Strategiepoker: „Wir wussten nicht, ob es reicht. 47 Runden hörten sich fast unmöglich an. Aber ich habe komplettes Vertrauen in ihn. Es ist eine Kombination von Talent und Erfahrung, die ihn zu einem wirklich großen Rennfahrer machen. Anscheinend besitzt er die großartige Fähigkeit, das Auto in kritischen Szenen in die richtige Position zu bringen.“

Exakt das, was Ferrari fehlt, um trotz des vielleicht besseren Autos an die Spitze zu kommen. Da musste auch Vettel neidlos anerkennen: „Wir dachten, dass die harten Reifen bei Lewis nachlassen, was sie nie getan haben. Das hat uns überrascht. Sie waren schneller, sie waren mutiger, sie waren glücklicher.“

Das alles führte zu Hamiltons 83. Sieg. Nur noch Michael Schumacher (91) liegt in der ewigen Bestenliste vor ihm. Nur: Wie lange noch?