Seefeld. Großer Triumph für Eric Frenzel: Der Nordische Kombinierer hat bei der WM in Seefeld seinen sechsten Weltmeister-Titel gewonnen.

Im Wohnzimmer macht man es sich bequem. Aber die Füße hochlegen, dazu hatte Eric Frenzel keine Zeit. Seefeld in Tirol allerdings ist für den Olympiasieger ein Ort, wo er sich wohlfühlt. 13 Einzelsiege im Weltcup und viermal das Triple hat der Kombinierer hier schon gewonnen. Nun hat der Winterzweikämpfer aus Sachsen in jenem vertrauten Revier gleich im ersten Wettbewerb der Weltmeisterschaft eine Goldmedaille gewonnen, obwohl niemand damit gerechnet hat.

"Unfassbar. Es ist unglaublich, dass alles wieder so aufgegangen ist. Das ist ein Tag, den man sich erträumt", sagte der Oberwiesenthaler, der trotz all seiner Erfolge in den vergangenen Jahren vor der WM ziemlich weit von Medaillenambitionen entfernt war. Selbst der Bundestrainer konnte nur noch staunen. "Er ist ein Wahnsinns-Wettkämpfer. Wenn er eine Chance wittert, dann beißt er zu", sagte Hermann Weinbuch über den sechsten WM-Titel seines Athleten.

Frenzel war im entscheidenden Moment fit

Bis dahin aber war es ein steiniger Weg. Auf den Schanzen hatte Frenzel in dieser Saison große Probleme, weshalb er im Januar auch den Weltcup im estnischen Otepää sausen ließ, um an seinem Sprungstil zu arbeiten. Aber noch im gleichen Monat erlebte er den nächsten Rückschlag. Beim Weltcup in Trondheim trat er nach Platz 15 im Springen zum Laufwettbewerb nicht mehr an. Von Husten, Halsschmerzen und Magenproblemen geplagt musste er eine Woche später schweren Herzens sogar auf das Heimspiel in Klingenthal verzichten.

Der fünffache Weltcupgesamtsieger erholte sich und griff zu ungewöhnlichen Maßnahmen. Mit seinem Heimtrainer Frank Erlbeck reiste er nach Planica, um die Sprungtechnik zu verbessern. Während der Saison ist er zum Training normalerweise nie abseits der Heimat unterwegs. "Die letzten Wochen waren nicht sehr einfach. Ich bin dankbar, dass nun alles aufgegangen ist", sagte der 30-Jährige. Neue Kraft schöpfte Frenzel vor allem auch im Kreise der Familie. Seine Kinder halfen ihm beim Kofferpacken, mit seiner Frau Laura konnte er bei langen Spaziergängen noch einmal abschalten.

Frenzel war im entscheidenden Moment fit - wieder einmal. Dabei hatte er selbst vor der WM davon gesprochen, dass die Qualität seiner Sprünge nicht ausreichen würde, um Medaillen zu gewinnen. Als er jedoch im verregneten Innsbruck im Sprungwettbewerb auf der Bergisel-Schanze auf die Traumweite von 130,5 Meter segelte und sich an die Spitze des Feldes setzte, war der Bundestrainer nur noch glücklich. "Das ist der absolute Wahnsinn. Erics Probesprung war schon besser und dann hat er gute Bedingungen gehabt. Der Ski stellte sich schön auf und das hat er mit seinem Sprungstil verbunden. Da wird Eric dann zum Killer", sagte Weinbuch.

Für den dreifachen Olympiasieger hatten sich die Mühen der vergangenen Wochen gelohnt, der Knoten war geplatzt. Mit einem Vorsprung von fünf Sekunden auf den Lokalmatador Mario Seidl ging er schließlich in die Loipe. Die große Frage war, wie Frenzel die Tempohatz über zehn Kilometer nach seinen gesundheitlichen Problemen überstehen würde. Aber der Sachse leistete in einem Quartett ziemlich mutig fast ständig die Führungsarbeit, setzte sich am letzten Berg sogar von seinen Verfolgern ab und triumphierte mit einem Strahlen im Gesicht 4,3 Sekunden vor dem Norweger Jan Schmid.

Eric Frenzel bedankte sich in der Stunde des Triumphes bei seiner Frau und den Kindern. "Die Familie musste so lange auf mich verzichten. Deshalb gehört auch ihr die Goldmedaille", sagte der Sportsoldat. Ob er am Sonntag im Teamsprint startet, ist noch offen. Weil aber in der kommenden Woche noch der zweite Einzelwettkampf und die Mannschaftsentscheidung anstehen, muss Frenzel so oder so noch warten, bis er in seinem Wohnzimmer die Füße hochlegen kann.

Schrecksekunde für TV-Experte Martin Schmitt

Für Aufregung hatte derweil am Vormittag eine Schrecksekunde für den TV-Experten Martin Schmitt gesorgt. Ein Ski von Kristian Ilves rutschte nach einem Sturz des Esten alleine Richtung Tal, nahm am Gegenhang Fahrt auf und flog mit hoher Geschwindigkeit durch das Sicherheitsnetz. Dort verfehlte der Ski den Eurosport-Experten nur knapp. "Der Moderationsplatz war zum Glück frei, als der Ski einschlug. Ich stand eine Box daneben, vielleicht einen oder anderthalb Meter entfernt", sagte Schmitt im ORF.