Melbourne. Die Wimbledonsiegerin zieht in die nächste Runde ein. Das Görges-Aus unterstreicht die Unberechenbarkeit im Damentennis.

Es ist eigentlich die Wohlfühloase für Julia Görges, das Grand-Slam-Spektakel von Melbourne. Oft war sie hier die „letzte Mohikanerin“ für Deutschland, in den Jahren, in denen niemand über Großtaten von Angelique Kerber sprach. Dreimal stand Görges schon im Achtelfinale der Australian Open. Und wenn alles nach Plan und Hackordnung in der Weltrangliste verlaufen wäre, dann hätten Kerber und Görges sich am nächsten Wochenende zu einem prickelnden Duell in genau jener vierten Runde getroffen, zum reizvollen Zweikampf von Deutschlands führenden Tennisspielerinnen am anderen Ende der Welt.

Zu dumm nur, dass diese hübsche Hoffnung schon jetzt geplatzt ist. Nicht etwa, weil Wimbledonsiegerin Angelique Kerber sich einen fatalen Ausrutscher geleistet hätte. Kerber erledigte am Auftaktmontag ihre erste Aufgabe gegen die Slowenin Polonia Hercog mit solider Handwerkskunst beim 6:2, 6:2-Sieg in der Rod-Laver-Arena.

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Es war Görges, die bereits auf den ersten Metern der Grand-Slam-Prüfung scheiterte. Mit einer Niederlage, der es an Bitterkeit nicht mangelt. 6:2, 6:5 und 30:0 führte die deutsche Nummer zwei schon gegen die unerfahrene US-Amerikanerin Danielle Collins, ehe das Achterbahn-Match eine fatale Wendung nahm.

Am Ende eines frustrierenden Arbeitstages in sommerlicher Hitze marschierte Görges schließlich noch als 6:2, 6:7 (4:7), 4:6-Verliererin vom Platz. „Die Enttäuschung ist jetzt da, das ist doch klar“, sagte die 30-Jährige, die nicht nur wegen ihres Turniersiegs in der Vorwoche im neuseeländischen Auckland zum erweiterten Kreis der Titelfavoritinnen in Melbourne gezählt worden war.

Petkovic bricht zusammen

Noch dramatischer geriet allerdings das Aus von Andrea Petkovic. Die Darmstädterin klappte in ihrer Partie gegen die Rumänin Irina-Camelia Begu beim Stand von 7:6, 3:4 urplötzlich auf dem Court zusammen, lag zunächst minutenlang benommen auf dem Platz, ehe sie von Turnierärzten wegen ihrer Kreislaufschwäche intensiv behandelt wurde. Doch fortsetzen konnte Petkovic das Spiel nicht mehr, sie hatte schon in den vergangenen Tagen über eine Magenverstimmung geklagt. „Ich wollte weiterspielen, aber die Ärzte haben mich nicht mehr gelassen“, sagte die 31-Jährige hinterher.

Das Aus von Görges, es zeigte derweil, dass im Damentennis dieser Tage so gut wie nichts unmöglich ist – und alles denkbar. „In Melbourne können 30 Spielerinnen das Turnier gewinnen – oder auch in der ersten Runde ausscheiden“, sagte DTB-Damenchefin Barbara Rittner vor den ersten Ballwechseln bei den Australian Open. Was für Rittner mit dem frühen, schwierigen Zeitpunkt des Auftakt-Majors, aber – mehr noch – mit der unwägbaren Hackordnung in der Szene zu tun hat.

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Kerber, die deutsche Nummer 1, gehört da noch zu den Stabilsten. Sie leistete sich jüngst kaum noch ganz schwere Ausrutscher in der Frühphase der großen Turniere. Auch bei Görges ist diese Ausfallrate über die Jahre erheblich gesunken, allerdings kam in der letzten Saison zweimal das Grand-Slam-Aus in der zweiten Runde.

Kerber am Mittwoch gefordert

Kerber, deren Sturm in die engere Weltklasse ihres Sports vor drei Jahren mit dem Triumph in Melbourne begann, will noch länger im Spiel bleiben, am besten bis zum Finale am übernächsten Samstag. Als sie vergangenes Jahr nach Aus­tralien kam, war sie gerade von Görges in der Weltrangliste überholt worden, das Jahr zuvor war ein Krisenjahr für die Kielerin.

Dann setzte sie in Melbourne ein Ausrufezeichen mit dem Halbfinaleinzug. 2018 wurde zum wichtigsten Jahr ihrer Karriere, mit dem Wimbledonsieg. Mit einem durchweg sicheren Platz auf dem Tennis-Gipfel. „Ich habe mir viel vorgenommen. Aber ich denke nur ans nächste Spiel, an die nächste Herausforderung“, sagte Kerber. Die kommt am Mittwoch in Gestalt ihrer Zweitrundengegnerin Beatriz Haddad Maia aus Brasilien.