Sinsheim. Brandt und Schulz treffen gegen die Südamerikaner. Wie beim 0:0 gegen Frankreich hapert es am Torabschluss – und die Abwehr wackelt.

Jemand sollte ein Buch über Joachim Löw schreiben. Es wäre ein Enthüllungsbuch darüber, was die Zeichen bedeuten, die der Bundestrainer am Spielfeldrand verwendet, wenn eine Partie der deutschen Nationalelf nicht zur Zufriedenheit des 58-Jährigen verläuft – so wie das Testspiel gegen Peru am Sonntag in Sinsheim. Da schob Löw in seiner Coachingzone die Hände wischend übereinander. Oder er hob einen Arm. Mal lockten seine Finger auch, als solle doch bitte jemand entgegen kommen. Löws Gestengedicht jedoch brachte wenig. Nur ein 2:1 (1:1) gegen Peru sollte herausspringen, aber immerhin auch einige Erkenntnisse.

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Die erste: Deutschland ist weiterhin konteranfällig, wenn nicht die erste Garde spielt. Die zweite: Deutschland macht einfach zu wenige Tore aus seinen Chancen.

Nachdem die Peruaner durch Luis Advincula in Führung gegangen waren (22.), gelang Julian Brandt zwar der Ausgleich (25.). Am Ende erzielt Debütant Nico Schulz das Siegtor (85.).

Bundestrainer Löw nach glücklichem Sieg selbstkritisch

Aber das war es dann auch. „Bei uns hat noch ein wenig die richtige Balance im Spiel gefehlt“, merkte der Bundestrainer nach dem glücklichen Sieg selbstkritisch an.

Löw hat nun immerhin offiziell einen Rekord eingestellt. Die Partie gegen Peru war die 167. in seiner Karriere als Bundestrainer. Keiner seiner Vorgänger hatte mehr. Und bei Sepp Herberger, der zwischen 1936 und 1964 zweimal Bundestrainer war, sind sich die Gelehrten nicht ganz sicher, ob die überlieferte Zahl von 167 Länderspielen wirklich korrekt ist.

Gegen Peru veränderte Löw seine Mannschaft im Vergleich zum 0:0 gegen Frankreich auf fünf Positionen: Der Hoffenheimer und ehemalige Gladbacher Profi Nico Schulz durfte in seinem Heimstadion debütieren. Zudem ersetzte Marc-André ter Stegen Manuel Neuer im Tor. Julian Brandt, Niklas Süle und Ilkay Gündogan begannen ebenfalls. Für Letzteren gab es übrigens keinerlei Pfiffe. Aber das sollte auch keine Erwähnung mehr wert sein.

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Gündogan leitete auch die erste Gelegenheit der Deutschen ein, aber Marco Reus, der erneut als zentraler Stürmer aufgeboten wurde, vergab sie (2.). In der Folge sah es dann so aus, als hätte sich da plötzlich ein Drittliga-Stürmer als Marco Reus verkleidet. Zwei prächtige Chance vergab der Dortmunder kläglich innerhalb von zwei Minuten, als er fein im Strafraum freikombiniert worden war (20./21.).

Unverschämt effizient waren dagegen die Peruaner. Mit ihrer ersten Chance gelang den Südamerikanern die Führung. Schulz ließ sich von Luis Advincula düpieren, als der Ex-Berliner den Ball, den er gesichert glaubte, wieder verlor. Satter Hieb ins kurze Eck. 0:1 (22.).

Als Antwort sezierte Toni Kroos, der Neuer als Kapitän vertrat, die Abwehr so fein, dass Brandt vor Pedro Gallese auftauchte und ihn mit einem zarten Heber überwand. Der Ausgleich (25.). Es war im 20. Länderspiel der zweite Treffer des Leverkusener Flügelstürmers, der für Thomas Müller beginnen durfte.

Peru wurde immer besser

Doch das fleißige Chancenauslassen ging munter weiter. Timo Werner schoss Gallese an (35.). Der sehr ideenreiche Gündogan tat es ihm wenig später gleich (38.).

Löw wechselte zur zweiten Halbzeit, nahm den unglücklichen Reus ebenso runter wie Jerome Boateng. Julian Draxler und Antonio Rüdiger kamen. Aber jene kurzzeitige Eingewöhnungsphase nutzte Peru sofort.

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Peru wurde nun immer stärker. Ter Stegen fischte einen Kopfball von Pedro Aquino nach einer Ecke aus dem Eck. Danach tauchte plötzlich der ehemalige Schalker Jefferson Farfan allein von ter Stegen auf, drosch aber den Ball drüber (58.).

Es war jetzt immer grotesker, wie die Gelegenheiten auf beiden Seiten missachtet wurden. Werner hätte einen Konter zur Führung abschließen müssen, aber auch der Leipziger schoss drüber (55.).

Der ehemalige Schalker Thilo Kehrer und der Leverkusener Kai Havertz gaben ihre Debüts. Als die 85. Minute angebrochen war, sollte es der Abend des Nico Schulz werden. Er traf mit einem Flachschuss.