Hamburg/Essen. Ein Treffer von Serdal Celebi ist für das Tor des Monats nominiert. Dabei ist der 34 Jahre alte Spieler des FC St. Pauli blind.

Serdal Celebi dribbelt auf die rechte Seite. Lässt einen Gegenspieler aussteigen und legt sich den Fußball von rechts nach links. Folgt seiner Intuition und schießt. Der Ball fliegt, vorbei an drei Verteidigern und dem machtlosen Torwart. Findet sein Ziel, rechts oben im Winkel. Ein Traumtor. Erst recht, wenn man gar nichts sieht.

„Meine Spieler und Trainer haben mir gesagt, dass es geil aussah“, erinnert sich Serdal Celebi. „Unser Kameramann hat es aufgenommen. Ein Reporter meinte, das sei das Tor des Monats.“ Noch nicht, aber es ist schon mal nominiert. Als erster Treffer eines Blindenfußballers in der Geschichte der ARD-Sportschau.

Gefühl für Ball und Spiel

Darüber freut sich Celebi, der seit dem zwölften Lebensjahr blind ist, aber dieses verflixte Spiel würde der 34-Jährige gerne vergessen: „Ich war traurig, weil wir die Meisterschaft verloren haben.“ Viele Zuschauer waren da, sogar St. Paulis Geschäftsführer Andreas Rettig. Doch sein Verein lag 0:2 gegen Bundesliga-Rekordmeister MTV Stuttgart hinten. Celebis Tor half nicht mehr. „Was konnte ich mir davon kaufen?“, fragt der deutsche Nationalspieler.

Aber wie hat Celebi dieses Tor bloß hingekriegt? Alle Spieler tragen einen Sichtschutz, um Chancengleichheit zu garantieren. Celebi selbst ist vollblind. Neben dem rasselnden Ball kann er sich an „Hintertor-Guide“ Lorena Vyhmeister orientierten. Und die stand hinter der Bande und schrie im richtigen Moment: „Schuss!“ „Darauf habe ich gehört“, sagt Celebi. Der Rest lag bei seinem Gefühl für Ball und Spiel.

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Sein Trainer Wolf Schmidt ist am Telefon mindestens genauso geknickt. Nicht wegen der Nominierung Celebis – „eine schöne Anerkennung des Sports“ –, sondern wegen „eines unserer schlechtesten Spiele“. Immerhin, „das Tor war ein Highlight in einem tristen Spiel“. Zumal der Stuttgarter Torwart Tim van Aken eine Saison lang ohne Gegentor bleiben wollte. „Da hat einfach alles gepasst, aber nicht auf solch einem hohen Niveau, nicht bei so einem körperlichen und zerstörerischem Spiel“.“, sagt Wolf Schmidt.

"Schöne Anerkennung"

Dass der Treffer des Blindenfußballers nun zur Wahl steht, sei „eine schöne Anerkennung“, sagt Wolf Schmidt. „In Deutschland ist Blindenfußball noch eine sehr junge Sportart.“ St. Pauli war der erste Verein der eine eigene Abteilung gründete. „Blindenfußball kennt nicht jeder, von 80 Millionen vielleicht fünf“, sagt Celebi, der selbst seit 2009 aktiv ist. Durch seine Nominierung sicher wieder etwas mehr.

Bis zum 15. September haben die Zuschauer die Wahl zwischen Kai Druschky (Chemie Leipzig), Jonas Meffert (Holstein Kiel), Marvin Plattenhardt (Hertha BSC), Mike Frantz (SC Freiburg) – und Serdal Celebi. „Ich werde gewinnen“, sagt der. So einen Schuss müssen Plattenhardt und Co. ja auch erst mal hinkriegen.