Dortmund. BVB-Trainer Lucien Favre lässt Mario Götze in der Bundesliga nicht spielen. In seinem System gibt es Götzes Lieblingsposition nicht.

Situationen, die nach Ärger klingen, nach Konfliktpotenzial gar, hat man als umsichtiger Funktionär nicht. Und wenn doch, dann heißen sie anders. Herausforderungen zum Beispiel. Sebastian Kehl ist als Funktionär ein Neuling, aber umsichtig war er schon immer. „Mario wird nicht der einzige sein, der nicht ganz zufrieden ist“, sagt der 38-Jährige. „Der Kader, mit dem wir in die Saison gehen, ist groß. Es war klar, dass es Herausforderungen geben wird. Und es ist auch meine Aufgabe, den Spielern die Situation klarzumachen“, sagt der Mann, der seit diesem Sommer bei Borussia Dortmund als Leiter der Lizenzspielerabteilung firmiert.

Nationalelf ist in München – Götze nicht

Das Amt umfasst auch den diplomatischen Dienst zwischen Management und Mannschaft. In dieser Funktion, so klingt das, wird sich Kehl in den kommenden Tagen den Mario mal zum Gespräch zur Seite nehmen. Den Mario, der mit Nachnamen Götze heißt und vor einigen Jahren mal im schwarz-rot-goldenen Dienst ein Tor schoss, das es zu historischem und erdumspannenden Ruhm brachte.

Möglichkeiten dazu wird es vermutlich ausreichend geben. Die Fußball-Bundesliga pausiert für zwei Wochen, weil die Nationalmannschaften sich messen. Das deutsche Team trifft sich am Montag in München. Götze hat keine Einladung erhalten. Er bleibt in Dortmund. Dort, wo er mit dem Beginn der neuen Saison die Hoffnung verband, bald wieder in den elitären Zirkel von Bundestrainer Joachim Löw vorstoßen zu können. Dort, wo er aber gerade auch nicht die Wertschätzung spürt, die er sich wünschen würde.

Beim 0:0 in Hannover am Freitagabend spielte der 26-Jährige keine Minute. So war es schon am ersten Spieltag gegen RB Leipzig (4:1). Götze ist gesund, in der Vorbereitung überzeugte er. Doch Trainer Lucien Favre braucht den offensiven Mittelfeldspieler – ebenso wie Shinji Kagawa (zweimal nur auf der Tribüne) – derzeit offenbar nicht. Die Frage ist: Warum?

„Wir haben 4-3-3 gespielt“, begann Favre, der Trainer, seine Rechtfertigung mit einem Hinweis auf die Taktik. Er weiß, dass das Thema Götze eines ist, das nicht nur in Dortmund immer mit der größtmöglichen Aufgeregtheit diskutiert wird. Aber in dem System mit drei Mittelfeldspielern und drei Stürmern ist Götzes Lieblingsposition im zentralen offensiven Mittelfeld nicht vorhanden.

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Zudem schien der Charakter des Spiels nicht zu einem Einsatz Götzes zu passen. „Es war sehr, sehr intensiv mit vielen Zweikämpfen. Es ging hin und her, beide Mannschaften sind viel gelaufen“, sagte Favre. Es sei auch wichtig, „körperliche Präsenz“ und „auch Körpergröße“ auf dem Platz zu haben, versuchte sich Sebastian Kehl an einer Erklärung. Hannover sei schließlich gefährlich bei Standardsituationen.

Götze ist kein Zweikämpfer, keiner, der sich wollüstig in eine wogende Partie wirft. Dafür aber kann er den eigenen Ballbesitz mit Ruhe und Übersicht kultivieren. Und Ruhe am Ball hätte dem BVB in Hannover sicher gut getan. „Wir dürfen nicht überhastet spielen und den Ball so schnell verlieren“, kritisierte Favre den offensiv enttäuschenden Auftritt seiner Mannschaft.

Für mehr Sicherheit am Ball wechselte er Raphael Guerreiro, der sich als Linksverteidiger begreift, ins zentrale Mittelfeld ein. Auf einen dritten Wechsel verzichtete der Trainer dann ganz. Und auf weitere Erklärungen in der Causa Götze auch: „Es ist, wie es ist.“

Witsel und Delaney balancieren BVB-Spiel gekonnt aus

Und wie wird es? Im bisherigen System balancieren die Neuzugänge Axel Witsel und Thomas Delaney das Dortmunder Spiel in Richtung Defensive gekonnt aus. Das ist Favre wichtig. Zudem schätzt er die Dynamik Mahmoud Dahouds. „Manchmal musst du eben einfach zu Null spielen“, sagt er.

So oder so ähnlich wird man das Mario Götze erklärt haben. Und weiter erklären.