New York. Serena Williams ist amerikanische Hoffnung bei den US Open. Ihre Schwester Venus könnte am Freitag die Spielverderberin sein.

Es ist eine anrührende Zeitreise, mit der einer der vielen Serena-Williams-Werbeclips in diesen Tagen der US Open beginnt. Es geht 30 Jahre zurück in dem emotionalen Stück, zu den fernen Tagen auf den vorstädtischen Tennisplätzen von Compton bei Los Angeles. Vater Richard Williams ist zu sehen, wie er mit seiner jüngeren Tochter trainiert, dann hört man den Satz: „Stell Dir vor, das bist Du bei den US Open.“

US Open sind die Serena Open

Dann schlägt das Tenniskind Serena den Ball – und im nächsten Moment ist, furioser Schnitt, die 23-malige Grand-Slam-Siegerin Serena (36) auf den Centre Courts zu sehen. Auch bei den US Open, auch und gerade hier, wo sie 1999 ihren ersten Major-Titel gewann. Und wo sie nun alles überstrahlt. „Serena ist schon jetzt eine historische Figur, eine der größten Sportlerinnen überhaupt in Amerika“, sagt Billie Jean King, die Ikone, die einst das professionelle Frauentennis begründete und gerade auch den Weg für afroamerikanische Spielerinnen in den USA ebnete.

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Nun, in einem Moment der ebenso hymnischen wie leicht hysterischen Serena-Verehrung, kommt es nach ihrem 6:2, 6:2-Sieg gegen Carina Witthöft schon heute in der dritten Runde der Offenen Amerikanischen Meisterschaften zum 30. Sister Act – zur vielleicht letzten New Yorker Verabredung der Schwestern, die vor zwei Jahrzehnten aus Kalifornien auszogen, die Tenniswelt zu erobern. Venus (38) war die erste, die in den Tourzirkus einstieg, aber Serena war die erste der Schwestern, die 1999 in New York einen Major-Titel holte. Als sie sich das erste Mal bei den US Open begegneten, 2001, gewann Venus – ein Jahr später dann Serena. 17-mal entschied die jüngere der Schwestern die nicht immer herausragenden WTA-Turnier-Duelle für sich, zwölfmal Venus. Patriarch Richard Williams wurde nicht selten unterstellt, es gebe ein abgekartetes Drehbuch für die Matches.

Niemand rührt an der Größe dieser Williams-Karrieren

Aber auch das ist Vergangenheit, im Hier und Jetzt rührt niemand an der Größe dieser Williams-Karrieren, an der Dominanz, die sie an berühmten Schauplätzen entwickelten: In New York, aber insbesondere in Wimbledon, wo sie zusammen 13 Titel seit Beginn dieses Jahrhunderts holten – die 36-jährige Serena sieben Pokale, die 38-jährige Venus sechs Trophäen.

Und hier ist sie nun, im August 2018. Gewinnerin aller Pokale, die es im Tennis zu verteilen gibt, olympische Goldmedaillen-Heldin – und neuerdings stolze Mutter. Sie wirkt größer als ihr Sport, gerade daheim in Amerika, wo man ihr bei einem der vermutlich letzten großen Auftritte kaum entkommen kann. Riesige Werbebanner an den Highways, Häuserfassaden mit ihrem Profil in den Wolkenkratzer-Schluchten Manhattans. Dabei sagt Williams selbst: „Im Moment ist nichts perfekt bei mir. Aber das ist auf perfekte Weise Serena.“ Und tatsächlich kultiviert die Sportlerin dieses nahbare Image: Eine Frau, bei der rund um Schwangerschaft, Geburt und Mutter-Sein längst nicht alles ideal und geordnet verläuft. So wie eben auch bei Millionen anderer Mütter.

Die US Open – sie sind, jedenfalls bis jetzt, die Serena Open. Alle sprechen über Serena, über jede Regung und ihre extravaganten Outfits. Williams selbst spricht am liebsten über das fast einjährige Töchterchen Olympia. Und die Schwierigkeiten, Mutter zu sein während der Grand-Slam-Feierlichkeiten. Trotzdem will sie bleiben, schließlich winkt der 24. Grand-Slam-Titel, die Einstellung des Allzeitrekords der Australierin Margaret Court. Sollte ausgerechnet Schwester Venus die Spielverderberin sein? „Wir werden das, professionell angehen und jede für sich das Beste geben“, sagt Serena.