Essen. In diesem Jahr gab es während der Tour de France keinen Doping-Skandal. Das Misstrauen gegen Teams und Fahrer bleibt dennoch hoch.

Es bedarf keiner eigenen Worte mehr, wenn man Zahlen für sich sprechen lassen kann. Um die Ziellinie in Alpe d’Huez zu überqueren, quälen sich die Radfahrer bei der Tour de France über 13,8 Kilometer und 1119 Höhenmeter hinauf in das Alpenörtchen. Niemand war bei den 105 Austragungen der Frankreich-Rundfahrt so schnell wie Marco Pantani. Dreimal spurtete der wegen seines Kopftuchs Pirat von Cesenatico getaufte Italiener die Strecke in plus minus 37 Minuten hoch. Der begnadete Kletterer war jedoch auch Mitte der 90er-Jahre ein Protagonist der Hochdopingphase im Radsport. Überführt wurde er nie, aber an den trotzdem vorgebrachten Betrugs-Anschuldigungen zerbrach Pantani: 2004 wurde er nach einer Überdosis Kokain tot aufgefunden.

Wenn dann Geraint Thomas bei seinem ersten Tour-Gesamtsieg gut vier Minuten länger für die Herausforderung Alpe d’Huez strampeln musste und nur 109. der Bestenliste ist – hat dann der Radsport sein lästiges Dopingproblem abgelegt? So leichtgläubig sollte niemand sein.

Zweifelsfrei, die Tour de France ist von einem Dopingskandal verschont geblieben. Das heißt nicht, dass trotz mehr Kontrollen der unerlaubten Leistungssteigerung ein Ende bereitet worden ist. Das Misstrauen vereinen vor allem die Fahrer des Teams Sky auf sich. Vor neun Jahren trat der Rennstall auf die Bühne, um den Beweis für sauber erfahrene Tour-Triumphe zu erbringen.

Ein Freispruch zweiter Klasse

Mit den Millionen des Medienmoguls Rupert Murdoch lassen sich die besten Fahrer und Trainer verpflichten, die besten Voraussetzungen schaffen für Siege bei den wohl härtesten drei Wochen des Profisports. Sechsmal in den vergangenen sieben Jahren ist das Sky bei der Tour gelungen. Medizinische Ausnahmegenehmigungen, fehlgeleitete Medikamentenpakete und ein Freispruch zweiter Klasse für den Dominatoren Chris Froome nach einer positiven Dopingprobe wecken nicht gerade neues Vertrauen in die Branche.

Ja, der Radsport kommt nicht mehr als völlig verseuchtes Spektakel daher. Man schaut ihm aber auch nicht mehr ohne mulmigem Gefühl zu – dafür ist zu viel passiert.