London. Für Andrea Petkovic ist Wimbledon bereits gelaufen. Die 30-Jährige verliert ihr Zweitrunden-Match gegen die Belgierin Yanina Wickmayer.

Wenn es schon im Fußball keine Gewissheiten mehr gibt; auf Andrea Petkovic ist Verlass. Wo die 30-Jährige aufschlägt, ist Drama garantiert. Allerdings war die Weltranglisten-95. am Mittwochmittag schuldlos in das Zweitrundenaus bei den All England Championships in Wimbledon geschlittert.

Petkovic musste in Tüte brechen

Nach starkem Beginn und 4:2-Führung gegen die Belgierin Yanina Wickmayer (28/Nr. 101) machte Petkovics Kreislauf schlapp. Elf Punkte in Folge gab sie ab, verlor den Satz 4:6 – und musste sich im zweiten Durchgang beim Stand von 2:3 sogar auf ihrer Bank in eine vom herbeigerufenen medizinischen Personal gehaltene Tüte übergeben. Das über den Kopf gezogene Handtuch verlieh ihr dabei immerhin einen Rest von Privatsphäre.

Eine Stellungnahme gab es zunächst nicht von der früheren Fedcupspielerin, die sich allerdings am Nachmittag so weit erholt hatte, dass sie zu ihrem Erstrundendoppel an der Seite der Estin Kaia Kanepi gegen Carina Witthöft (Hamburg) und Maria Irigoyen (Argentinien) antreten konnte.

Erstaunlich war das angesichts der durchlittenen Strapazen, wenngleich sie nach der Magenentleerung zwar sehr blass um die Nase, aber doch wieder deutlich aktiver gewirkt hatte. Wie auch immer: Dem Buch ihrer Dramen hatte die Hobbyautorin, die für das Magazin der „Süddeutschen Zeitung“ Kolumnen aus ihrem Leben verfasst, ein weiteres Kapitel angefügt.

Damit endet auch die Rasensaison 2018 erneut tragisch für die Darmstädterin, die gerade begonnen hatte, ihre schwierige Beziehung zum grünen Gras in geordnete Bahnen zu lenken. „Es war nie Liebe auf den ersten Blick. Jedes Jahr fühle ich mich anfangs auf Rasen so, als würde ich im nächsten Augenblick auf die Schnauze fallen“, sagte sie. Aber da man bisweilen an der Liebe arbeiten müsse, habe sie sich nach dem Rasenauftakt auf Mallorca gut gefühlt. „Ich hatte das Gefühl, dass ich einiges erreichen könnte“, sagte sie.

In der Weltrangliste mit kleinen Schritten begnügen

Tatsächlich waren es zuletzt die Grand-Slam-Events, auf denen die in Bosnien geborene Hessin ihre beste Leistung hatte abrufen können. Sie ist selten über die Auftaktrunde hinausgekommen bei 15 Turnierstarts in diesem Jahr, häufig war schon die Qualifikation Endstation. Doch in Australien besiegte sie mit der Tschechin Petra Kvitova eine Top-Ten-Spielerin, in Paris unterlag sie in der dritten Runde immerhin der späteren Siegerin Simona Halep aus Rumänien, und in London gelang ihr zum Auftakt ein 6:4, 4:6, 6:2 über die an 31 gesetzte Chinesin Shuai Zhang. In Topform zu sein bei den Jahreshöhepunkten, das war freilich kein Zufall. „Ich muss auf meinen Körper achten, vor allem meine Knie schonen, und deshalb die Belastung gut steuern. Deshalb habe ich meinen gesamten Trainingsrhythmus auf die großen Turniere eingestellt“, sagte sie.

Große Sprünge sind mit zwei maladen Knien nicht gesund, auch in der Weltrangliste muss sich Andrea Petkovic deshalb mit kleinen Schritten begnügen. Sie habe dennoch das Gefühl, sagte sie, besser zu spielen als vor einem Jahr. Die Rückkehr zu ihrem alten Cheftrainer Dusan Vemic habe ihr neue Sicherheit vermittelt. „Er kennt mich so gut wie kein anderer Trainer. Er hat mich daran erinnert, wie ich gespielt habe, als ich unter den Top Ten stand. Dadurch glaube ich wieder an mein Spiel und habe einen Plan B, C und D, wenn Plan A mal nicht klappt.“

Welchen Plan sie in der zweiten Jahreshälfe verfolgt, will Petkovic nach einer Erholungsphase entscheiden. Abschreiben aber sollte sie niemand, sagt auch Chef-Bundestrainerin Barbara Rittner. „Petko kann noch einiges erreichen, auch wenn sie nicht mehr so arbeiten kann wie früher. Aber wenn es eine verdient, nochmal Erfolg zu haben, dann ist sie es.“