Die Binnenalster, Sonntag um kurz nach 7 Uhr einmal ganz anders. Rennradfahrer beginnen sich zu versammeln, in ihren Trikots sind sie bunte Farbkleckse vor dem blauen Morgenhimmel - eine wahre Freude fürs Auge. Doch die meisten haben dafür keinen Sinn, Bananen, Getränke und Dixi-Klos sind jetzt wichtiger. 5500 der 13 500 Jedermänner bereiten sich auf ihren Start um 8.45 Uhr vor. Die Rennräder werden mit Isogetränken, von fleißigen Helfern der R.V. Germania in gelbe Flaschen gefüllt, bestückt. Kurz vor dem Start über die 55-km-Distanz steigt bei mir der Adrenalinspiegel spürbar an, ich bin damit nicht allein. Der Informationsaustausch nach links und rechts hilft, die Anspannung zu lindern. Endlich, auch für meinen Block C fällt der Schuss. Der Rausch beginnt - die Sorge vor einem Sturz scheint verflogen. Für die einen geht es um Bestzeiten, für andere um pures Vergnügen. Aber schon in der ersten scharfen Kurve hat es den Ersten erwischt. Sind noch mehr in den Sturz verwickelt? Ich bekomme davon nichts mit, das Tempo ist hoch. Hin und wieder fahre ich im Wind, die gewaltige Stimmung entlang der abgesperrten Straßen und das hochsommerliche Wetter lassen das Feeling Tour de France fast real werden. Glückshormone senden Extra-Energie in die Beine. Ausgerechnet in der scharfen Linkskurve in Holm beschert uns ein gut gemeinter Wassergruß per Schlauch eine gefährliche Pfütze. Sie wird mit giftigen Kommentaren der Hobby-Rennfahrer quittiert. Total bekloppt . . . Hat Jan Ullrichs Sturz beim Tour-Zeitfahren auf nasser Straße in einer Kurve nicht das Gefahrenpotenzial gezeigt? Nach 1:30 Stunden gehts schwitzend unter dem tosenden Beifall der Menge die Mönckebergstraße hinauf, Gänsehautfeeling pur! Nur leider alles viel zu schnell. Die HEW-Cyclassics haben Suchtcharakter. Der Start im nächsten Jahr ist bereits eingeplant. Eine erfrischende Dusche soll auf die Feierstimmung an der Mönckebergstraße vorbereiten. Nur leider bleiben diesmal viele Damenduschen am Ballindamm trocken: Wo war der Wasseranschluss, vielleicht in Holm? (Christiane de Jong)