Studie offenbart: Mit Drinks am Pool und viel nackter Haut ärgern Urlauber unbewusst etliche Ägypter, die in Hotels oder für Veranstalter arbeiten.

Wilhelmshaven. Touristen in Ägypten verhalten sich oft naiv und merken gar nicht, wie sehr ihr Verhalten Einheimische provoziert. Ägyptische Mitarbeiter in der Tourismusbranche haben häufig ein ausgesprochen kritisches Bild von ihnen. So lautet das Fazit von einer Untersuchung der Jade-Hochschule in Wilhelmshaven. „Wir waren überrascht, wie negativ europäische Touristen in Ägypten wahrgenommen werden“, sagte Prof. Torsten Kirstges, einer der beiden Autoren der Studie. „Dabei gibt es in dem Land schon seit Jahrzehnten Tourismus in großem Stil.“ Das Ergebnis der Studie ist besonders deshalb verwunderlich, da viele Ägypter stark abhängig sind vom Tourismus. Derzeit sind die Hotels und Strände im Vergleich zu besseren Zeiten eher leergefegt. Die Unruhen im Land zollen ihren Tribut. Dennoch sollten sich zukünftige Urlauber in Ägypten die Geflogenheiten des Landes zu Herzen nehmen.

„Die Touristen haben in der Regel das Gefühl, sie passten sich der Kultur des Landes an und störten die Einheimischen nicht“, sagte Kirstges. Aber dieses Selbstbild ist offenbar zu positiv, wie die Studie zeigt, für die 187 Touristen sowie 164 ägyptische Mitarbeiter der Branche in Hurghada, Kairo, Luxor und im oberägyptischen Qena befragt wurden. „Der Tourismus wird zwar von den Ägyptern ganz überwiegend als wichtiger Wirtschaftsfaktor bewertet“, sagte Kirstges. Damit sei aber häufig keine entsprechende Wertschätzung der Touristen verbunden.

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Auf die Frage, ob sie die europäische Kultur respektieren, antworteten 67 Prozent der ägyptischen Befragten mit „Nein“. Gleichzeitig gaben 63 Prozent an, die Touristen zeigten keinen Respekt gegenüber der Kultur und Religion in Ägypten. Respekt gegenüber europäischen Frauen zu haben, bejahten nur 25 Prozent, dagegen antworteten 53 Prozent mit „Nein“ und 15 Prozent mit „eher nicht“. Und 62 Prozent waren der Ansicht, europäische Frauen kleideten sich zu freizügig. „Es wird offenbar von vielen nicht akzeptiert, dass Frauen in der europäischen Kultur eine andere Rolle haben.“

Der Aussage, der Massentourismus fördere die Prostitution in Ägypten, stimmten 60 Prozent zu. Und sogar 65 Prozent der Befragten waren für schärfere gesetzliche Regelungen, etwa zum Verbot von Alkohol. Dagegen fanden nur 26 Prozent, Ägypten solle sich stärker an der westlichen Welt orientieren.

Dabei mache es keinen erkennbaren Unterschied, ob die befragten Ägypter Moslems sind oder nicht – auch bei koptischen Christen zeigen sich Kirstges zufolge identische Argumentationsmuster. „Dahinter stehen zum einen klare Vorurteile, die Angst, der Tourismus zerstöre Tradition und Kultur“, sagte Kirstges. „Ein Grund ist aber auch Unkenntnis, die zeigt, dass die Begegnungen mit den Touristen nur kurz und sehr oberflächlich sind.“

Offensichtlich seien auch die großen Unterschiede in der Wahrnehmung von Einheimischen und Touristen: So glauben 66 Prozent der ausländischen Gäste, sie störten mit ihrem Verhalten die Ägypter nicht. Dagegen gaben nur 37 Prozent von diesen an, sich tatsächlich nicht gestört zu fühlen. „Wir waren schon leicht geschockt über diese großen Diskrepanzen“, sagte Kirstges. „Die Touristen verstoßen gegen die Wertvorstellungen der Einheimischen, aber sie merken es gar nicht.“ Die erhoffte Wirkung von Tourismus, zum gegenseitigen Verständnis von Kulturen beizutragen, habe es in Ägypten offenbar nicht gegeben.