Wegen Bauarbeiten ist die A1 ab Sonnabend zwischen den Abfahrten Oyten und Posthausen sowie zwischen Stuckenborstel und Oyten gesperrt.

Hamburg/Bremen. Die Autobahn 1 ist am Wochenende (4. bis 5. September) wegen Bauarbeiten streckenweise vollgesperrt. Von Sonnabend (18.00 Uhr) an ist die Fahrbahn in Richtung Hamburg zwischen den Abfahrten Oyten und Posthausen sowie die in Richtung Bremen zwischen Stuckenborstel und Oyten nicht befahrbar. Der Verkehr wird nach Angaben der für den Ausbau der A 1 zuständigen Projektgesellschaft bis voraussichtlich Sonntagmittag (12.00 Uhr) umgeleitet. Fernreisende sollten die A 1 zwischen dem Maschener Kreuz und dem Bremer Kreuz meiden und über die Autobahnen 7 und 27 ausweichen.

Lesen Sie dazu auch den großen Abendblatt-Bericht:

"Die A 1 ist besser als ihr Ruf"

Seit genau zwei Jahren laufen die Bauarbeiten, um die Autobahn 1 zwischen Hamburg und Bremen auf einer Länge von 72 Kilometern auf sechs Spuren zu erweitern. Die Zwischenbilanz ist eine Mischung aus positiven und negativen Superlativen: Nie zuvor ist ein so großes Projekt an ein privates Konsortium vergeben worden, rekordverdächtig hoch ist die Zahl der Unfalltoten. Aber auf der anderen Seite ist auch niemals zuvor in Deutschland ein solch großes Projekt in so kurzer Zeit so weit vorangekommen.

Laut Projektleiter Lutz Hoffmann sind trotz des harten Winters 2009/2010 bereits 60 Prozent der Bauleistung abgearbeitet worden: "Wir liegen hervorragend im Zeitplan und werden vielleicht sogar etwas früher fertig."

Ende 2012, nach gut vier Jahren Bauzeit, so sieht es der Vertrag zwischen der Bundesrepublik und dem Konsortium vor, muss die Autobahn fertig sein. Die Landesstraßenbauverwaltung hätte zehn Jahre gebraucht.

Im Oktober bereits schrumpft die größte Autobahnbaustelle in Europa von 13 auf elf Abschnitte und von 72 auf 60 Kilometer. Dann nämlich werden die beiden äußeren Abschnitte ab Hamburg und Bremen mit je sechs Kilometern beidseitig auf drei Spuren fertig sein. Und noch etwas ändert sich: Die Fahrspuren in den Baustellenbereichen werden breiter als in der Anfangsphase. Das gilt ohnehin für die fünf Abschnitte, wo auf einer Seite die neue Fahrbahn mit einer Breite von 14,5 Metern für die späteren drei Spuren bereits fertiggestellt ist, über die jetzt die jeweils zwei Spuren in beide Richtungen rollen.

Die besonders schmalen Spuren bei der Ursprungsbreite von nur 11,5 Metern haben für viel Kritik gesorgt, der Autobahn Etiketten wie Skandalbaustelle und Horrorautobahn eingetragen. Die Abwicklung des Verkehrs auf nur 11,5 Metern aber entsprach einer Vorgabe der Straßenbaubehörde.

Allein im ersten Halbjahr 2010 sind sieben Menschen auf der Strecke gestorben. Detlev Kaldinski, Sprecher der Polizeiinspektion Rotenburg, warnt aber vor vorschnellen Schuldzuweisungen: "Die A 1 ist besser als ihr Ruf." Keines der sieben Todesopfer sei in den Baustellenbereichen gestorben. Vier Menschen seien durch Lastwagen umgekommen, die ungebremst in das Stauende rasten, zwei Autofahrer seien krankheitsbedingt gestorben, ein weiteres Todesopfer sei ein 19-Jähriger gewesen, der bei einer Verfolgungsjagd mit der Polizei von der Fahrbahn abkam.

Für die Gefährlichkeit einer Autobahnstrecke ist aus seiner Sicht die Zahl der Unfälle mit Personenschaden der bessere Indikator. Und diese Zahl sei auch durch mehr Stauwarnanlagen und scharfe Polizeikontrollen auf 85 Unfälle im Jahr 2009 gesunken, den niedrigsten Stand in zehn Jahren. Kaldinski zieht zum Vergleich das Jahr 2007 heran, als es noch gar keine Baustelle gab, aber die Zahl der schweren Unfälle 129 betragen habe, bei sechs Verkehrstoten.

Verbotenes Überholen und Geschwindigkeitsüberschreitungen der Personenwagen und Abstandsverstöße von Lastwagen sind aus der Sicht der Polizei die wichtigsten Unfallursachen zwischen Hamburg und Bremen. Inzwischen sind die Kontrollen noch einmal verschärft worden mit der Folge, dass es allein seit Anfang dieses Jahres 2500 Bußgeldbescheide wegen zu hohen Tempos und über 500 Bußgelder wegen dichten Auffahrens gegeben hat. Und die Trucker warnt die Polizei inzwischen mit Faltblättern, auf denen zertrümmerte Fahrerkabinen abgebildet sind. Die Botschaft: Hier kommt keiner mehr lebend raus.

Für zusätzliches Aufsehen und für Empörung sorgte das Projekt im vergangenen Winter, weil sich auf zwei Abschnitten der eben erst fertige Flüsterasphalt ablöste. Es dauerte drei Monate, ehe die Ursache gefunden war: Bitumen und Splitt hatten sich nicht vertragen. Bei allem Ärger für die Autofahrer durch noch mehr und längere Staus: Die Kosten für den neuen Asphalt bleiben nicht am Steuerzahler hängen, dafür muss das Konsortium aufkommen.

Schon 2002 war der erste Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau der A 1 fertig. Aber wegen der leeren Staatskassen stand ein Termin für die Realisierung in den Sternen. Dann aber wurde die A 1 zum Projekt von Public Private Partnership (PPP), also zum privat finanzierten Autobahnbau. Das Konsortium "A1 mobil GmbH & Co. KG" aus dem Baukonzern Bilfinger Berger, dem großen mittelständischen Bauunternehmen Bunte in Papenburg und der internationalen Investmentgesellschaft John Laing erhielt im August 2008 den Zuschlag. Die Gesamtkosten des Projekts betragen rund 650 Millionen Euro. Auf 30 Jahre erhält das Konsortium im Gegenzug einen geheimen variablen Anteil an der Lastwagenmaut auf dieser Strecke, ist in dieser Zeit auch zuständig für den Winterdienst, den Unterhalt.

Die Vertragslaufzeit begann vor zwei Jahren, das erklärt den ehrgeizigen Zeitplan für den sechsspurigen Ausbau. Die fertige Schnellstrecke wird erheblich mehr Lastwagen auf die A 1 locken und damit Geld in die Kasse des Konsortiums bringen. Der Vertrag sieht vor, dass die Bundesrepublik auch einen festen Sockelbetrag aus der Maut kassiert, die privaten Betreiber bekommen die überschüssige Summe, die sich nach der eingenommenen Maut richtet. Auskünfte über die Vertragsdetails verweigert nicht nur das Bundesverkehrsministerium, sondern auch die Landesstraßenbauverwaltung. Heiko Gerken, Chef der Behörde in Verden: "Wettbewerbsfragen sind nicht für die Öffentlichkeit bestimmt."