Berlin. Von Verletzungen oder Operationen bleiben oft Narben zurück, die nicht gut verheilen wollen. Hautärzte erklären, was zu beachten ist.

„Die Haut ist ein faszinierendes Organ, weil sie sich so gut regenerieren kann“ – Dr. Christian Kors, Dermatologe aus Berlin, beobachtet immer wieder fasziniert, wie oberflächliche Schürfwunden heilen und dabei quasi unsichtbar werden. Auf der anderen Seite gibt es auch Gegenteiliges: Deutliche Spuren auf der Haut, die unerwartet und spontan nach dem Abheilen eines Pickels entstehen. Oder durch Verletzungen, die in die Tiefe gehen, bis in die sogenannte Lederhaut.

„Eine Narbe entwickelt sich, weil in solchen Fällen bei der Selbstreparatur ein anderes Gewebe gebildet wird“, erklärt Dr. Sylke Schneider-Burrus, Chefärztin des Zentrums für Dermatochirurgie der Havelklinik in Berlin. Der Körper betont dabei Schutz statt Schönheit. Das neue Gewebe besteht aus parallel statt verkreuzt liegenden Kollagenfasern und ist weniger geschmeidig. Zudem fehlen Pigmentzellen, Haarwurzeln oder Schweißdrüsen.

Schneider-Burrus arbeitet daran, solche Narben, die vor allem nach Operationen entstehen, mit den Mitteln der Chirurgie auf ein Minimum zu reduzieren. Ob das tatsächlich gelingt, sei von mehreren Umständen abhängig. „Es gibt Menschen, die bringen als genetische Veranlagung ein sogenanntes gutes Heilfleisch mit. Auch bei Kindern verheilen Wunden meistens besser als bei Älteren“, sagt Schneider-Burrus.

Durchblutung hat Auswirkung auf Narben-Heilung

Darüber hinaus sei auch die Körperstelle entscheidend, die verletzt ist, ergänzt Christian Kors. „Das Gesicht ist gut durchblutet, dort verheilt eine Wunde oft besser als etwa an den Armen und Beinen, wo die Haut dicker ist und durch Bewegungen mechanisch belastet wird.“ Und auch darauf komme es an: wie ein Schnitt geklammert oder genäht wurde.

„Jede Wunde neigt dazu, sich an den Rändern zusammenzuziehen. Damit daraus eine möglichst schöne Narbe wird, müssen die Schnittränder eng zusammengedrückt werden“, sagt Schneider-Burrus. Dabei reiche es meist nicht, einfach einen Faden durch die Haut zu ziehen. Dann könnten Spuren zurückbleiben, die wie eine Hühnerleiter aussehen. „Beim Nähen versenken wir Fäden und Knoten deshalb tief in der Lederhaut. Und wir nutzen Material, das beispielsweise aus gut verträglichen Zuckerketten besteht.“

Dass sich die Fäden nur langsam – innerhalb von rund drei Monaten – auflösen, hat seinen Grund: „Selbst wenn die Haut oberflächlich schon glatt erscheint, ist sie im Untergrund noch lange nicht stabil. Wird sie durch Bewegungen gezogen oder gedehnt, kann sich eine Narbe dadurch verbreitern“, sagt die Expertin.

Spezielle Produkte gegen Narben sind nicht notwendig

Hilfreich für den Heilungsprozess sind Pflasterstreifen, die der Haut die Spannung nehmen. Sie werden vor allem beim Sport aufgeklebt. Darüber hinaus ist es wichtig, die empfindlichen Hautstellen mit einer Sonnencreme vor schädlicher UV-Strahlung zu schützen. „Ich würde duftfreie Produkte nehmen und keine parfümierte Bodylotion. Spezielle Produkte sind bei unkomplizierter Wundheilung nicht notwendig“, sagt Christian Kors. Schließt sich die Wunde nicht richtig oder neigt das Narbengewebe dazu, wulstig zu werden, sollte ein Hautarzt zurate gezogen werden. „Dann kann es sich um ein sogenanntes Keloid handeln, eine Art gutartiger Tumor. Das muss behandelt werden“, erläutert Kors.

Weil wuchernde Narben sehr individuell sind, gibt es auch viele Möglichkeiten, diese zu behandeln: „Wir können mit Kortisonspritzen erreichen, dass die Haut dünner wird. Oder durch das Setzen von Mikroverletzungen mittels kleinster Nadeln, Micro-Needling genannt, das Bindegewebe zum Wachstum anregen“, führt Kors aus. Hinzu kämen verschiedene Laserverfahren und die Möglichkeit, das Narbengewebe zu vereisen oder durch das Auftragen von Silikongelen zu beeinflussen. Unter bestimmten Umständen könnten die Verfahren auch miteinander kombiniert werden.

Sylke Schneider-Burrus wendet ihr operatives Geschick vielfach an, um Narben im Gesicht zu kaschieren. Diese entstehen oft nach einer Operation von hellem Hautkrebs. „Sobald wir aus dem Labor das Signal erhalten, dass wir bei unserem Eingriff alle Tumorzellen entfernt haben, können wir in einer nächsten Operation Hautlappen mit verschiedenen Techniken so verschieben, dass die natürlichen Linien des Gesichtes nicht gestört werden. Narben kaschieren wir dabei, indem wir sie beispielsweise in Stirn- oder Nasolabialfalten links und rechts des Mundes verschwinden lassen“, sagt die Chirurgin. Mit diesen sogenannten Nahlappenplastiken erreicht Schneider-Burrus eigenen Angaben zufolge ein besseres Ergebnis als mit Hauttransplantationen.

Wer einen solchen Eingriff in Erwägung zieht, sollte seinen behandelnden Dermatologen nach einem chirurgischen Spezialisten fragen. Und sich schon einmal darauf einstellen, dass er die Wunde anschließend nicht nur vor der Sonne, sondern auch vor Wasser schützen muss: „Es können Bakterien eindringen und Infektionen verursachen“, sagt Schneider-Burrus. Damit eine Narbe möglichst unsichtbar wird, empfiehlt die Expertin grundsätzlich zwei Dinge: den Wundheilungsprozess aufmerksam beobachten und im Zweifelsfall den behandelnden Arzt um Rat fragen.