Kommentar

Der Liechtensteiner Steuerskandal ist seit Freitag kein "Fall Zumwinkel" mehr, er ist ein "Fall Deutschland". Mit dieser Begriffswahl sollen keinesfalls alle Bundesbürger für vermeintliche Steuersünden von knapp 1000 Wohlhabenden in Sippenhaft genommen werden. Doch der Verdacht, dass eine Schar sogenannter "Leistungsträger" - wie es das Bundesfinanzministerium formulierte - bis zu vier Milliarden Euro am deutschen Fiskus vorbei geschleust haben soll, wird dieses Land noch weiter spalten. Bleibt nur noch die Hoffnung, dass sich die schlimmsten Befürchtungen nicht bewahrheiten, und viele Täter in Nadelstreifen vielleicht doch unschuldig sind. Aber die Nachrichten vom Freitag sprechen eine andere Sprache. Postchef Klaus Zumwinkel ist bereits zurückgetreten, soll seine Schuld sogar eingestanden haben - sein Rücktritt war damit überfällig. Darüber hinaus soll es mehr als 100 Ermittlungsverfahren und 900 Durchsuchungsbefehle geben. Sie dürften weitere Risse im ohnehin stark beschädigten sozialen Kitt dieses Landes bedeuten.

Dieses Gefühl "von denen da oben und uns da unten" wird sich bei vielen Menschen in den kommenden Wochen wohl noch verstärken. Über Jahre haben die Beschäftigten sich finanziell beschieden, mit ihrer Lohnzurückhaltung den Aufschwung hierzulande erst möglich gemacht; gleichzeitig wurde das soziale Netz grobmaschiger. Die Hartz-IV-Reformen - so notwendig und sinnvoll sie ökonomisch auch waren - sind für viele zum Synonym für Sozialabbau geworden. Das Wort Ungerechtigkeit macht seitdem nicht nur an den Stammtischen vermehrt die Runde. Denn auf der anderen Seite vermeldeten die meisten Konzerne einen Gewinnrekord nach dem nächsten. Und die Vorstände verdienten an dieser Entwicklung kräftig mit.

Um eines klarzustellen: Gute Arbeit muss entsprechend belohnt werden und auch Millionengagen sollte man Managern nicht neiden. Doch die Wohlstandskluft bringt zwangsläufig Unmut und Neid mit sich. Managerfehler wie bei Siemens, der Mittelstandsbank IKB oder den Landesbanken haben das öffentliche Bild der Leistungseliten ohnehin ramponiert. Doch der aktuelle Vorwurf der Steuerhinterziehung geht sehr viel weiter. Sollte er sich bewahrheiten, macht er aus Managern Kriminelle. Ganz pauschal. Weil die breite Öffentlichkeit eben nicht mehr differenziert.

Und das ist gefährlich.