Berlin. Regierungen sollten bei ihren Corona-Krisentreffen mehr auf die Stimmung im Land achten – sonst wird die Unvernunft sich Bahn brechen.

Wir schreiben das Ende der sechsten Woche im Lockdown und bei immer mehr Menschen liegen die Nerven blank. Im Homeoffice ist die Hölle los, mit seit Wochen schulbefreiten Kindern, denen die Decke auf den Kopf fällt. Dazu Angst um den Job. Geldsorgen wegen der Kurzarbeit. Jeden Tag selber kochen und keine Chance auf eine knusprige Pizza beim Italiener um die Ecke. Im Fernsehen? Corona, Corona, Corona… und ein Wettbewerb der besorgten Politiker.

Dazu auf allen Kanälen die Virologen, die mit ihrer Reproduktions-Arithmetik abwechselnd Angst machen oder sich gegenseitig widerlegen. Sogar unsere Wissenschafts-Kanzlerin ist von den Pirouetten von Drosten und Co. bereits genervt.

Das ist gefährlich. Denn das tödliche Virus wird noch lange Zeit von uns allen eine eiserne Disziplin erfordern. So wie es mal war, wird es sehr lange nicht mehr sein. Zumindest darin sind sich alle, die Verantwortung tragen, einig. Aber weil das so ist, sollte die Politik ihr Augenmerk auf einen bislang viel zu wenig beachteten Faktor richten: Nämlich die Stimmung und die Laune im Land.

Der Corona-Blues ist nämlich auf Dauer nicht nur schwer erträglich. Er kann auch gefährlich werden. Weil Unvernunft plötzlich Bahn bricht. Weil in Familien der Frust an den Schwächsten ausgelassen wird. Weil miese Stimmung die Konsumlust killt und die gerade wiedereröffnete Einkaufsstraße zum Boulevard der schlechten Laune wird.

Wie bitte kann die Stimmung im Land verbessert werden, ohne Leben zu riskieren?

Und auch weil Gedankenspiele über den Wert des Lebens den Keil nur tiefer in die Gesellschaft treiben. Ja, viele Junge sehnen sich nach dem Hochfahren der Wirtschaft. Aber mindestens so viele Ältere würden das gerne auch noch miterleben.

Wie bitte kann die Stimmung im Land verbessert werden, ohne unvernünftig zu werden oder gar Leben zu riskieren? Wir brauchen nicht nur #FlattenTheCurve, sondern endlich auch #LiftTheMood. Und es wäre auch gar nicht so schwer.

Jörg Quoos, Chefredakteur unserer Zentralredaktion, kommentiert die aktuelle Lage in der Corona-Krise.
Jörg Quoos, Chefredakteur unserer Zentralredaktion, kommentiert die aktuelle Lage in der Corona-Krise. © Dirk Bruniecki

Der Fußball könnte endlich wieder rollen – wenn auch nur vor den Kameras – und bei überschaubarem Risiko Millionen Fans den Sinn des Lebens zurückgeben. Beim Thema Sommerurlaub könnte mit Augenmaß an etwas Hoffnung gearbeitet werden. Bundesaußenminister Maas hat seine hohe Stirn jetzt oft genug telegen gerunzelt. Wo sind die schlauen Konzepte, wie der Tourismus in Ländern mit effektiver Pandemiestrategie wieder behutsam hochgefahren werden kann?

Es muss ja nicht gleich Eimersaufen am Ballermann sein. Aber wer in Schweden campt oder über Österreichs Hochalmen wandert, kommt sicher gesünder durch die Corona-Krise als am Rande des Nervenzusammenbruchs im Großstadt-Lockdown.

Mit guter Stimmung ist Corona besser zu ertragen

Wann darf man sich bitte zum Ausruhen wieder auf eine Parkbank setzen? Wer mit dem nötigen Sicherheitsabstand die Frühlingssonne im öffentlichen Grün genießen will, lebt auch nicht gefährlicher als Pflanzenfreunde, die sich im wieder geöffneten Gartencenter um die letzten Primeln prügeln.

Und warum gibt es Schulunterricht nicht schon längst kindgerecht und unterhaltsam digital auf Youtube hochgeladen? Der Mathelehrer grüßt vom Wohnzimmer-TV. Ja, das wäre weniger pädagogisch als der Live-Unterricht. Aber sicher viel effektiver, als überforderten Eltern den Email-Speicher mit unlösbaren Hausaufgaben vollzustopfen.

Das Corona-Virus ist mit besserer Laune zwar nicht abzutöten. Aber mit guter Stimmung und einer optimistischen Ansprache ist der anstrengende Abwehrkampf viel leichter zu ertragen. Denn schließlich ist nicht nur Covid-19 pandemisch. Schon der alte Charles Dickens wusste: Nichts in der Welt wirkt so ansteckend wie Lachen und gute Laune.

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