Die 2,2 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland sollen besser versorgt werden. Vor allem demente und altersverwirrte Menschen brauchen mehr Zuwendung – von Pflegern und in finanzieller Hinsicht.

Berlin. Der Pflegebeirat der Bundesregierung forderte in seinem Bericht an Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, dass die heute drei Pflegestufen durch fünf Grade der Bedürftigkeit ersetzt werden. Sie sollen von geringer Beschränkung der Selbstständigkeit bis zu schwerster Beeinträchtigung mit besonderem Pflegebedarf reichen.

Bewertet werden soll vor allem, wie gut sich die Betroffenen noch selbst versorgen können. Hinzu kommt, wie gut sie verordnete Therapien einhalten können, ob sie stark in Verhalten und Wahrnehmung beeinträchtigt sind, wie gut sie den Alltag bewältigen und wie mobil sie sind. Die Einstufung je nach Dauer einzelner Pflegeleistungen soll wegfallen. Bedürftige Kinder sollen besser versorgt werden.

Schmidt kündigte einen "Paradigmenwechsel in der Pflegeversicherung" an. Er solle Schluss machen mit der "oft kritisierten Minutenpflege". Derzeit werden Bedürftige in der Regel im Minutentakt gepflegt. In Pflegestufe I zum Beispiel sind im Durchschnitt 90 Minuten pro Tag vorgesehen. Waschen soll nicht länger als 25 Minuten dauern, Hilfe beim Wasserlassen 2 bis 3 Minuten, das mundgerechte Zubereiten einer Hauptmahlzeit 2 bis 3 Minuten. Mit dieser Minutenzählerei soll nun Schluss sein.

Die Ministerin unterstützte die Vorschläge des hochkarätig besetzten Beirats. Mögliche Mehrkosten beziffern die Gutachter auf bis zu vier Milliarden Euro im Jahr. Schmidt betonte, über den tatsächlichen Umfang müsse noch debattiert werden. Die Reform könne frühestens 2010 nach der Bundestagswahl kommen. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt forderte, die Beitragszahler dürften nicht zusätzlich belastet werden.

Schmidt verwahrte sich dagegen, mit dem Thema Wahlkampf machen zu wollen. Sie forderte aber eine "offene Diskussion" über den künftigen Stellenwert der Pflege. In den kommenden Jahren sei ein bis zu 60-prozentiger Anstieg bei den Pflegebedürftigen zu erwarten.