Helsinki. Ein früher Lockdown, konsequente Grenzschließungen und die distanzierte Mentalität bringen den Menschen in Finnland den Alltag zurück.

  • In kaum einem anderen Land sind die Corona-Zahlen niedriger als in Finnland
  • Die Inzidenz liegt deutlich unter 50 Fällen pro 100.000 Einwohner
  • Was machen die Finnen anders?

Es schneit dieser Tage heftig in Helsinki. In der Fredrikinstraße im angesagten Stadtteil Punavuori kämpft ein Mann damit, sein unter dem Schnee begrabenes Auto freizuschaufeln. Um die Ecke im Green Hippo Café sitzen rund 40 zumeist junge Gäste ohne Masken. Sie trinken, reden oder surfen auf ihren iPhones im Internet. Auch in den Geschäften am zentralen Esplanadi herrscht reges Treiben.

Während in großen Teilen Europas wieder harte Corona-Lockdowns verhängt wurden, herrscht in Finnland eine Art normaler Alltag, der nur mit dem im Sonderwegland Schweden vergleichbar ist.

Doch anders als die Schweden können die Finnen sich die Lockerungen leisten: In kaum einem anderen Land lagen Todes-, Neuinfektions- und Intensivstationsbelegungsrate wegen Covid-19 von Beginn der Pandemie bis jetzt so niedrig wie in Finnland.

Finnland: Landesweiter Inzidenzwert unter 50

So liegen die aktuellen Werte der Neuinfektionen im Sieben-Tage-Schnitt bei 44,7 je 100.000 Einwohnern.

Zum Vergleich:

  • Deutschland: 90;
  • Österreich 109;
  • Schweden 191;
  • Frankreich 212;
  • Spanien 517.

Aber auch bei der Covid-19-Todesrate schneidet Finnland deutlich besser ab: 114 Menschen starben bislang je einer Million Einwohner.

Corona-Monitor – Die Zahlen aus Deutschland, Europa und der Welt

In Deutschland starben fast sechsmal so viele Menschen, in Schweden ist die Zahl sogar zehnmal so hoch. In Finnland verliefen beide Corona-Wellen flacher und kürzer als in den meisten anderen Ländern. Wie ist das möglich?

Die Regierung setzt von Anfang an auf eine Strategie aus Härte und Lockerungen. Ein Lockdown bei noch niedrigen Infektionszahlen bremste das Virus während der ersten Welle früh aus. Danach kamen relativ schnell wieder Lockerungen für die Bürger. Im Juli lag die tägliche Neuinfiziertenrate fast bei null. Bei dem zweimonatigen Lockdown wurden sämtliche Einrichtungen geschlossen – inklusive Schulen. Außerdem wurde von Anfang an viel getestet.

Strenge Überwachung der Regeln führte zum Erfolg

Als wirksam gilt die Abschottung nach außen: Der gesamte Großraum der Hauptstadt Helsinki wurde durch Ein- und Ausreiseverbote isoliert. Polizei und Militär überwachten die Einhaltung. Die finnischen Grenzen wurden zeitweise fast ganz geschlossen. Lesen Sie hier: Finnland, Norwegen, Israel: Hier sind die Grenzen dicht

Zudem führt Finnland eine intensive Kontaktverfolgung durch. Eine App Namens „Corona Flash“ half dabei. Rund die Hälfte der 5,5 Millionen Finnen lud sie herunter. In Sachen Datenschutz und Überwachung sind Finnen nicht besonders empfindlich.

Begünstigt wurde der finnische Erfolg auch durch die Mentalität: Die Nordler halten Abstand, begrüßen sich ohne Händeschütteln, Umarmung oder Wangenkuss. „Vielleicht ist die finnische Komfortzone ein bisschen weiter als in einigen anderen europäischen Ländern. Wir mögen es, andere einen Meter oder mehr entfernt zu halten“, sagte Gesundheitsamtschef Mika Salminen einmal.

Laut Umfrage gaben 23 Prozent der Finnen gar an, dass Lockdown und Einsamkeit ihr Leben verbessert hätten.