Washington. US-Präsident Donald Trump hat drei Wochen nach der Wahl den Weg für das Übergangsteam von Joe Biden frei gemacht. Warum so plötzlich?

Natürlich macht Donald Trump noch immer keine glaubwürdigen Anstalten, seine Niederlage bei der Präsidentschaftswahl vor drei Wochen vollumfänglich anzuerkennen. Das gestattet ihm sein überlebensgroßes Ego nicht. Gepaart mit der in der Kindheit vom Vater antrainierten Unfähigkeit, mit negativen Erlebnissen anständig umzugehen.

Aber wenigstens steht der abgewählte 45. Präsident der USA seit Montagabend einer geordneten Übergabe der Amtsgeschäfte an den demokratischen Wahlsieger Joe Biden nicht mehr wie ein Prellbock im Weg. Trump hat der Chefin der staatlichen Liegenschaftsbehörde GSA, Emily Murphy, nach eigenen Angaben aufgetragen, Bidens Team gemäß des „Presidential Transition Act“ von 1963 Zugang zu Geld, Dokumenten und Regierungsstellen zu verschaffen.

Donald Trump läutet das Ende seiner Präsidentschaft ein

Damit hat Trump de facto den Anfang vom Ende seiner Präsidentschaft eingeläutet. Es ist, typisch Trump, die verschwiemelste „concession speech“ in der Geschichte Amerikas. Ab jetzt geht alles seinen geregelten Gang. Der Zug, der am 20. Januar zur Amtseinführung Bidens führen wird, ist nicht mehr aufzuhalten.

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Alles, was jetzt noch von Trump und seinen Büchsenspannern kommt und nach Wir-sind-betrogen-worden-und-werden-am-Ende-doch-gewinnen-Resistance klingt, ist nerviges Hintergrundrauschen. Kann getrost ignoriert werden. Der Kaiser hat definitiv keine Kleider mehr an.

Dass sich der Sinneswandel des Präsidenten an diesem Montag so abrupt vollzogen hat, dass Trump seine noch in der Wahlnacht am 4. November eingeleitete unverfrorene Blockade-Politik aufgibt, hat mehrere Gründe. Über allem steht die juristische Aussichtslosigkeit des Unterfangens, glasklar für Biden sprechende Wahlergebnisse auf dem Gerichtsweg kippen zu lassen.

US-Präsident Donald Trump knickt drei Wochen nach der verlorenen Wahl ein und macht den Weg frei für das Übergangsteam von Joe Biden. Ihm blieb letztlich kaum eine andere Wahl.
US-Präsident Donald Trump knickt drei Wochen nach der verlorenen Wahl ein und macht den Weg frei für das Übergangsteam von Joe Biden. Ihm blieb letztlich kaum eine andere Wahl. © AFP | MANDEL NGAN

US-Wahl: Republikaner stellen keinen Wahlbetrug fest

Selten sind Anwälte eines Präsidenten so erbarmungslos vom Hof gejagt worden, weil ihre Anklageschriften zwischen Pennsylvania und Georgia nahezu jeder Substanz entbehrten, wie in den vergangenen zwei Wochen.

Als am Montag auch der Versuch scheiterte, im Bundesstaat Michigan mit der Brechstange einen 150.000-Stimmen-Vorsprung für Biden über politischen Druck auf örtliche Republikaner in einen Wahlmänner-Sieg für Trump umzufrisieren, konnte der Präsident nur noch beidrehen. Es ist jetzt amtlich: Trump, ist ein zertifizierter Verlierer.

Zu groß war ohnehin der Druck aus den eigenen Reihen geworden. Dort war man der gespielten Realitätsverweigerung Trumps längst überdrüssig. Senator um Senator meldete sich bei den Republikanern zu Wort, stellte kategorisch fest, dass es den von Trump behaupteten Wahlbetrug nie gegeben hat und verlangte vom scheidenden Präsidenten, im nationalen Interesse und vor allem angesichts der grassierenden Coronavirus-Pandemie den Übergangsprozess nicht länger zu torpedieren.

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Rudy Giuliani spricht von „nationaler Peinlichkeit“

Dass Trumps langjähriges Beiboot Chris Christie, früher selber Staatsanwalt, die juristischen Fisimatenten der Winkeladvokaten des Präsidenten um Rudy Giuliani vor laufender Kamera als „nationale Peinlichkeit“ abkanzelte, kam einem Todesstoß gleich.

Nun ist Trump dafür bekannt, Einwände der politischen Klasse, die er leidenschaftlich verachtet, mit Wonne zu ignorieren. In diesem Fall wirken aber Mächte, vor denen ein ökonomisch angeschlagener und demnächst vor über 300 Millionen Dollar Kreditschulden stehender Trump Respekt hat, wenn nicht sogar Angst.

Trumps Verhalten schadet der amerikanischen Wirtschaft

160 Wirtschaftsführer großer US-Unternehmen, darunter etliche Milliardäre , die den Wahlkampf des Rechtspopulisten 2016 unterstützt hatten, haben das Weiße Haus schriftlich unmissverständlich bedrängt, die volkswirtschaftlich schädliche Hängepartie zu beenden und Joe Biden den legitimen Weg zur Macht nicht länger zu verbauen.

Begründung: „Einer neuen Regierung wichtige Ressourcen und Informationen vorzuenthalten, setzt die öffentliche und wirtschaftliche Gesundheit Amerikas und seine Sicherheit einem Risiko aus.“ Das saß. Trump kann es sich nicht erlauben, diese Klientel ernsthaft zu verprellen. Darum sein Einlenken.

Nach außen ändert sich aber vorläufig nichts. Trump wird, bis er eine lukrative Exit-Strategie für sich gefunden hat, den Schein eines mit unverminderter Härte geführten Kampfes vor den Gerichten bewahren. Weil er glaubt, die Leute liebten einen Fighter, der sich nicht geschlagen gibt. Donald Trump hält sich für eine Art Rocky Balboa. Dabei hat Amerika längst für ihn das Handtuch geworfen.