Neue Terrorangst in Nordirland: Zwei Tage nach dem Anschlag auf eine britische Kaserne haben Unbekannte einen Polizisten erschossen. Zu der Bluttat bekannte sich eine Splittergruppe der ehemaligen Terrororganisation IRA. Politiker aller Parteien verurteilten den Anschlag.

Belfast. Nordirland ist von einem zweiten Terroranschlag auf Sicherheitskräfte innerhalb von 48 Stunden erschüttert worden. Nach der Ermordung zweier Soldaten in einer Kaserne wurde in der einstigen britischen Krisenprovinz am Montagabend ein 48 Jahre alter Polizist im Einsatz mit einem Kopfschuss getötet. Zu dem ersten Mordanschlag auf einen nordirischen Polizisten seit mehr als einem Jahrzehnt bekannte sich am Dienstagmittag eine Splittergruppe der ehemaligen Terrororganisation IRA. Politiker aller Parteien verurteilten die Bluttat. "Es wird kein Zurück zu den alten Zeiten geben", sagte Großbritanniens Premierminister Gordon Brown.

"So lange sich Großbritannien in Irland einmischt, werden diese Attacken weitergehen", hieß es in der codierten Botschaft der "Continuity IRA". Zu dem Anschlag auf eine Kaserne am vergangenen Sonnabend, bei dem zwei Soldaten getötet worden waren, hatte sich mit der "Real IRA" eine andere Splittergruppe der Irisch-Republikanischen Armee bekannt. Die Attentäter wollen den Friedensprozess bekämpfen und wollen eine Abspaltung von Großbritannien mit Waffengewalt durchsetzen.

Der erfahrene Polizist war wegen des Notrufs einer Frau, die verdächtige Beobachtungen gemacht haben will, zu einer Schule in Craigavon in der Grafschaft Armagh gekommen. Die Gegend südwestlich von Belfast gilt als Hochburg von republikanischen Katholiken. Diese hatten während des Nordirland-Konflikts eine Abspaltung von Großbritannien und eine Vereinigung mit der Republik Irland angestrebt.

Unklar war zunächst, ob der Notruf echt war. Der Polizist soll noch im Streifenwagen gesessen haben, als die Attentäter aus nächster Nähe das Feuer auf ihn eröffneten. Das Opfer soll Frau und Kinder hinterlassen.

"Das sind Mörder, die den politischen Prozess in Nordirland, der den Menschen dient, unterbrechen und zerstören wollen", verurteilte der britische Regierungschef Brown die Bluttat. Auch die Sinn-Fein-Partei, lange Zeit der politische Arm der einstigen Terrororganisation IRA, zeigte sich entsetzt. "Das ist ein Anschlag auf den Friedensprozess. Das ist falsch, es ist kontraproduktiv und ich möchte der Familie des Toten mein Beileid aussprechen", sagte der regionale Sinn-Fein-Abgeordnete, John O'Dowd.

"Wir hatten schon befürchtet, dass es noch weitere Anschläge geben würde, aber wir rechneten nicht damit, dass es so bald geschieht", sagte Basil McCrea, ein Abgeordneter der moderaten Protestanten-Partei UUP, im BBC-Fernsehen. Dolores Kelly von der gemäßigten katholischen Mitte-Links-Partei SDLP sagte dem Sender Sky News: "Wir blicken in den Abgrund."

Erst am Sonnabend waren bei einem Anschlag auf eine britische Kaserne in Nordirland zwei Soldaten getötet worden. Zu dem Attentat hatte sich eine Splittergruppe der katholischen Untergrundorganisation Irisch-Republikanische Armee (IRA) bekannt. Die "Wahre IRA" hat die 1997 verkündete Waffenruhe der IRA nie akzeptiert. Sie zeichnete verantwortlich für den tödlichsten Terroranschlag in Nordirland überhaupt. Dabei kamen im August 1998 in Omagh 29 Menschen ums Leben, überwiegend Frauen und Kinder. Das Attentat von Sonnabend war der erste tödliche Anschlag auf britische Soldaten in Nordirland seit zwölf Jahren.