London. Julian Assange könnte nach jahrelangem Tauziehen nun doch an die USA ausgeliefert werden. Dem Whistleblower droht eine schlimme Strafe.

Julian Assange könnte bald an die USA ausgeliefert werden. Ein Berufungsgericht in London hat die Ablehnung des US-Auslieferungsantrags des WikiLeaks-Gründers widerrufen. Das teilte ein Richter am Londoner High Court am Freitag mit.

In den USA drohen Assange bis zu 175 Jahre Haft. Die US-Regierung wirft dem gebürtigen Australier vor, zusammen mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen und veröffentlicht zu haben. Der 50-Jährige habe damit den Tatbestand der Spionage erfüllt und das Leben von US-Informanten gefährdet, so die Ankläger.

Assange: Verbrecher oder Verfechter der Wahrheit?

Für seine Unterstützer und Bewunderer ist Assange vielmehr ein investigativer Journalist. Als solcher habe er die Öffentlichkeit über Kriegsverbrechen der USA informiert, so die Argumentation.

Bei Anhörungen im Oktober hatten beide Seiten erneut ihre Argumente vorgebracht. Die US-Anwälte warfen der britischen Justiz vor, sich bei ihrer Einschätzung auf fehlerhafte Gutachten verlassen zu haben. Außerdem sicherten die USA zu, im Falle einer Inhaftierung nicht wie befürchtet "Spezialmethoden" anzuwenden, sowie einer Verlegung von Assange in ein australisches Gefängnis zuzustimmen.

Laut Assanges Verteidigern hätte der US-Auslandsgeheimdienst CIA längst versucht "Spezialmethoden" gegen Assange einzusetzen. Der Geheimdienst hätte geplant, einen Anschlag auf Assange auszuüben, während dieser sich in der ecuadorianischen Botschaft in London aufhielt. Dazu soll es bald neue Enthüllungen geben. Assanges Unterstützer hoffen, dass diese eine Auslieferung an die USA unwahrscheinlicher machen.

Reporter ohne Grenzen warnen deutlich vor Auslieferung von Assange

Assange hatte für rund sieben Jahre in der ecuadorianischen Botschaft in London gelebt, da ihm das Land politisches Asyl und die Staatsbürgerschaft gewährte. Nachdem diese ihm 2019 wieder entzogen wurde, verhafteten ihn britische Polizisten.

Zur Zeit sitzt Assange im britischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh ein. Seine Angehörigen beschreiben seinen Gesundheitszustand seit Monaten als schlecht und besorgniserregend. Bei den letzten Anhörungen vor Gericht nahm der 50-Jährige teilweise per Videoschalte teil. Er fühlte sich laut eigener Aussage aber zeitweise nicht in der Lage, dem Geschehen zu folgen.

"Wenn die USA erfolgreich sind, wird das alarmierende Konsequenzen für die Pressefreiheit haben. Bei diesem Fall geht es nicht nur um Assange, sondern um das Recht aller Journalisten, ihre Arbeit zu tun, und um das Recht der Öffentlichkeit, sich zu informieren", sagte die Londoner Vertreterin von Reporter ohne Grenzen, Rebecca Vincent, die das Verfahren eng begleitete. (dpa/jasc)